Römischer und christlicher Reichsgedanke.
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fide in conjessione tui nominis perseveret1. Doch erst das Bewußt-
sein der Christen, Volk und Staat zu sein, das in der Liturgie in
auch sonst allgemein gebräuchlichen Wendungen wie plebs dei,
populus sanctus dei, regnum Christi erkennbar wird, erzeugte ein
Reichsgefühl, das mit dem römischen in Konkurrenz treten konnte.
Die Christen, von früh an gemeindlich organisiert, fühlten sich als
gens totius orbis, als Angehörige der ßaaiksta Christi, des wahren
Gottesstaates, dessen Würde dem heidnischen imperium weit über-
legen sei2.
Schon früh begannen die Christen ihren eigenen oekumenischen
Charakter mit dem des imperium Romanum zu vergleichen. Dabei
war ihnen zwar der innere Gegensatz des Reiches Christi zum
Reiche des Kaisers fast immer bewußt; doch äußerte sich dieser
selten in so feindseliger Haltung wie etwa hei Hippolyt, der das
römische Reich für eine satanische Nachahmung der Christenheit
erklärte3. Vielmehr lebte man in der Gesinnung des Apostels
Paulus (Röm. 13) und erkannte die Gottgegebenheit der irdischen
Gewalt an. So wissen wir ja auch, besonders durch den 1. Klemens-
brief und durch Tertullian, daß schon früh für Kaiser und Reich
in den christlichen Versammlungen gebetet wurde4. Vor wie nach
Konstantin wurde eben meist anerkannt, daß Gott das imperium
Romanum, wie die vorhergehenden Großreiche zur Erfüllung seines
Weltplanes gebraucht habe. Dieser Gedanke ist der Patristik sehr
geläufig5, und er ist auch in die Liturgie eingegangen. In folgendem
1 Ygl. etwa Lietzmann, Liturgiegeschichtl. Quellen III/IV, 47 nr. 79
und Baumstark, Festg. f. Ehrhard, S. 69.
2 Ygl. Harnack, Mission I, 259ff.
3 Ebenda, S. 268ff.
4 Tertullian, apolog. c. 30 (Migne I, 441): Nos enim pro salute impera-
torum Deum invocamus aeternum, Deum verum, Deum vivum, quem et ipsi im-
peratores propitium praeter caeteros malunt; c. 32 (S. 447): Est et alia maior
necessitas nobis orandi pro imperatoribus, etiam pro statu imperii rebusque
Romanis .... Diese Gebete sprach man vor allem in Befolgung des Gebotes,
das 1. Tim. 2, 2 enthält, dessen Wirkung auf die Formulierung griechischer
liturgischer Texte Baumstark, Festgabe für Ehrhard, S. 53ff. nachgewiesen
hat. Von manchen Christen wurde schon damals die Wohlfahrt des Reiches
geradezu als abhängig von der Fürsprache der Anhänger des neuen Glau-
bens bezeichnet. Vgl. Melito von Sardes bei Eusebius, hist. eccl. IV, 26 (ed.
Schwartz, Griech. christl. Schriftsteller IX 1, 387): sed e contrario laeta omnia
et omnia magnis successibus plena, obsecranlibus deum summum pro imperii eius
statu religionis huiusce cultoribus.
5 Vgl. Tertullian, apolog. c. 26 (Migne I, 431 f.); Origenes, contra Cel-
sum II, 30 (ed. Koetschau, Griech. christl. Schriftst. II, 158); Hieronymus,
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fide in conjessione tui nominis perseveret1. Doch erst das Bewußt-
sein der Christen, Volk und Staat zu sein, das in der Liturgie in
auch sonst allgemein gebräuchlichen Wendungen wie plebs dei,
populus sanctus dei, regnum Christi erkennbar wird, erzeugte ein
Reichsgefühl, das mit dem römischen in Konkurrenz treten konnte.
Die Christen, von früh an gemeindlich organisiert, fühlten sich als
gens totius orbis, als Angehörige der ßaaiksta Christi, des wahren
Gottesstaates, dessen Würde dem heidnischen imperium weit über-
legen sei2.
Schon früh begannen die Christen ihren eigenen oekumenischen
Charakter mit dem des imperium Romanum zu vergleichen. Dabei
war ihnen zwar der innere Gegensatz des Reiches Christi zum
Reiche des Kaisers fast immer bewußt; doch äußerte sich dieser
selten in so feindseliger Haltung wie etwa hei Hippolyt, der das
römische Reich für eine satanische Nachahmung der Christenheit
erklärte3. Vielmehr lebte man in der Gesinnung des Apostels
Paulus (Röm. 13) und erkannte die Gottgegebenheit der irdischen
Gewalt an. So wissen wir ja auch, besonders durch den 1. Klemens-
brief und durch Tertullian, daß schon früh für Kaiser und Reich
in den christlichen Versammlungen gebetet wurde4. Vor wie nach
Konstantin wurde eben meist anerkannt, daß Gott das imperium
Romanum, wie die vorhergehenden Großreiche zur Erfüllung seines
Weltplanes gebraucht habe. Dieser Gedanke ist der Patristik sehr
geläufig5, und er ist auch in die Liturgie eingegangen. In folgendem
1 Ygl. etwa Lietzmann, Liturgiegeschichtl. Quellen III/IV, 47 nr. 79
und Baumstark, Festg. f. Ehrhard, S. 69.
2 Ygl. Harnack, Mission I, 259ff.
3 Ebenda, S. 268ff.
4 Tertullian, apolog. c. 30 (Migne I, 441): Nos enim pro salute impera-
torum Deum invocamus aeternum, Deum verum, Deum vivum, quem et ipsi im-
peratores propitium praeter caeteros malunt; c. 32 (S. 447): Est et alia maior
necessitas nobis orandi pro imperatoribus, etiam pro statu imperii rebusque
Romanis .... Diese Gebete sprach man vor allem in Befolgung des Gebotes,
das 1. Tim. 2, 2 enthält, dessen Wirkung auf die Formulierung griechischer
liturgischer Texte Baumstark, Festgabe für Ehrhard, S. 53ff. nachgewiesen
hat. Von manchen Christen wurde schon damals die Wohlfahrt des Reiches
geradezu als abhängig von der Fürsprache der Anhänger des neuen Glau-
bens bezeichnet. Vgl. Melito von Sardes bei Eusebius, hist. eccl. IV, 26 (ed.
Schwartz, Griech. christl. Schriftsteller IX 1, 387): sed e contrario laeta omnia
et omnia magnis successibus plena, obsecranlibus deum summum pro imperii eius
statu religionis huiusce cultoribus.
5 Vgl. Tertullian, apolog. c. 26 (Migne I, 431 f.); Origenes, contra Cel-
sum II, 30 (ed. Koetschau, Griech. christl. Schriftst. II, 158); Hieronymus,