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Tellenbach, Gerd; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 1. Abhandlung): Roemischer und christlicher Reichsgedanke in der Liturgie des fruehen Mittelalters — Heidelberg, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.40170#0043
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Römischer und christlicher Reichsgedanke.

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gentes sind1. Dieser christliche Imperialismus hat Eingang gefun-
den in den christlichen Staaten Europas, die immer, wenn sie gegen
Heiden Krieg führten, sich als Streiter für die ganze Christenheit
fühlten: Dum fidelissime Christiane jidei Francorum gentem protegis,
dum infidelium gentium tua potentia bella prosternis, quibus tempora
tranquilla restitues, eorum semper ore lauderis2.
Der Kreis der Feinde eines christlichen Staatswesens umfaßt
allerdings nicht nur die heidnischen Nationen. Es gehören viel-
mehr alle dazu, die gegen den christlichen Glauben fehlen, also
auch die mali christiani. Auch sie werden in den Kriegs- und
Friedensgebeten der Kirche im Frühmittelalter erwähnt3 4. Aber
mit dem Fortschreiten der christlichen Reichsidee kommt es in der
Liturgie immer deutlicher zum Ausdruck, daß die eigentlichen
Gegner im christlichen Kriege die Heiden sind. Wenn man gegen
die Romani oder Francorum nominis inimici oder für die Sicherheit
der Romani oder Francorum fines betet, könnten — wenigstens
theoretisch — noch christliche Feinde gemeint sein. Sobald aber
an die Stelle der fränkischen oder römischen Bezeichnung die christ-
liche tritt, ist kein Zweifel mehr möglich. Christiani nominis inimici
sind Heiden oder zumindest maliChristianD. Die christlichen Termini
haben sich in den Sakramentaren, wie wir sahen, im 9. Jahrhundert
durchgesetzt. Aber mit Recht ist betont worden, daß sich in der
Liturgie des 10. Jahrhunderts das Interesse am Heidenkrieg noch
weiter steigerte. Es wurden damals zahlreiche eigene missae contra
paganos gebildet. Diese waren zwar zum guten Teil aus alten
1 Gregor v. Tours, hist. Francorum V praef. (SS rer. Merov. I 190). Bin
Beispiel von einem ähnlichen Verständnis des Paxhegriffes bietet Contin.
Reginonis ad a. 936 (ed. Kurze, Script, rer. Germ., S. 159): Heinricus rex,
precipuus pacis sectator strenuusque paganorum insecutor.
2 Vgl. Anh. S. 69.
3 Die Heiden heißen pagani, gentes oder barbarae nationes. Neben ihnen
werden etwa genannt : pacis inimici, vgl. u. S. 54 nr. 4; rebelles, vgl. das
Gebet ,,Prospice, omnipotens“ im frank. Königsordo bei Schramm, AUF XI
370 u. a. Hss.; mali christiani, vgl. den Bericht Widukinds über die Krönung
Ottos I., res gestae Saxon. II 1 (ed. K. A. Kehr, Script, rer. Germ., S. 56):
Accipe hunc gladium, quo eicias omnes Christi adversarios, barbaros et malos
Christianos. In diesem Zusammenhang interessant ist es auch, wie Stephan II.,
als er Pippin zum Krieg gegen die Langobarden aufrief, den katholischen
König Aistulf zum Christenfeind stempelt, vgl. Cod. Carol. nr. 7 (ed. Gund-
lach, Epp. I (1892) 492) : Weil er dem hl. Petrus seinen Besitz nicht resti-
tuierte, oblitus est Deum qui fecit eum et fidem christianam transgressus est.
4 Vgl. u. S. 54 nr. 4 und S. 59 nr. 12.
 
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