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Arnold von Salis:
Jahrtausend eingeschlagen hatte. Freilich, ein so solides Postament,
wie dort, ist das Fußgestell der Figuren auf dem Gefäß aus Knossos
nicht, sondern der Aufbau eines schwankenden Fahrzeugs. Wenig-
stens gilt das, wie wir oben ausgeführt haben, für das Gerüst unter
den Füßen des Mannes. Wie aber steht es um sein Gegenstück
links ? Hier kann man sich fragen, ob der anscheinend würfelför-
mige Block ein Trittstein am Ufer sein soll, den die Frau bestiegen
hat, während der Mann sich an Bord befindet1, oder ob auch dieses
Ding zum Schiffe selber gehört. Der Form nach gleicht es wenig-
stens jenem kastenärtigen Bau am Heck, den schon die ägyptischen
Nilschiffe öfters haben. In manchen Fällen scheint eine richtige
Deckkabine gemeint zu sein, in anderen ein erhöhter Stand als Auf-
enthaltsort für den Steuermann, ein Auslug, eine Kommandobrücke,
eine Estrade für bevorzugte Fahrgäste. Jedenfalls erblicken wir
auf dieser Plattform bisweilen menschliche Gestalten, stehend oder
kniend2. Aber alles das läßt sich auch an Seefahrzeugen der klassi-
schen Antike beobachten, bis zu den Kriegs- und Handelsschiffen
der römischen Kaiserzeit3. Für die Periode, die uns hier beschäf-
tigt, verweisen wir vor allem auf die Bilder der geometrischen und
unmittelbar vorhergehenden Kunst (Abb. 5)4; das Halbdeck, oft
in die äußerste Ecke des Schiffsrumpfes gerückt, ist zugleich
Brücke und erleichtert das Einsteigen, nicht anders als das Brett
1 Eine Situation also wie auf dem bekannten Elfenbeinrelief aus Sparta:
BSA. 13, 1906/7 Taf. 4 S. lOOff.; Dawkins, Sanctuary of Artemis Orthia 2141
Taf. 109, 110; Evans, Palace II 1, 252 Abb. 148b; Köster, Seewesen 89
Abb. 20. „Das Schiff ist nach homerischer Art mit dem Achtersteven ans Ufer
gefahren, von wo die Frau zur Begrüßung des Kapitäns ans Schiff herantritt.“
Sie steht erhöht, die Stelle wird durch das Blatt des eingezogenen Steuerruders
verdeckt.
2 Beispiele bei Almgren 42 Abb. 29, 43 Abb. 30, 46 Abb. 32 a, 47 Abb.
32b, 173 Abb. 109 (Bootsmodell), 175 Abb. 110 (Bootswagenmodell), 253
Abb. 144; Evans, Palace II 1 Suppl. Taf. 12 (S. 26). Über die Deckbauten
der Nilschiffe vgl. Caspari, Jdl. 31, 1916, 13ff. Abb. 3—5 Taf. 1. Siehe auch
die Schiffe der „Nordvölker“ auf ägypt. Reliefs des NR., Bissing-Bruckmann,
Taf. 94.
3 Köster, a. O. 108 Abb. 27, 141 Abb. 30 (m. E. die beste Erläuterung
zu unserer Vase! Man beachte die Lücke zwischen dem Halbdeck u. der etwas
niedrigeren Bühne), Tafelb. 50; derselbe, Studien 135 Abb. 16 (röm. Weser-
schiff auf Runenknochen).
4 Fibel Jdl. 31, 1916 Taf. 18, 1, 2. Vasen Köster, Tafelb. 18, 19, 20,
21, 22, 30. Zu vergleichen auch die Schiffskarren des Dionysos in der sf. Vasen-
malerei, Jdl. 27, 1912, Beilage 1 zu S. 61.
Arnold von Salis:
Jahrtausend eingeschlagen hatte. Freilich, ein so solides Postament,
wie dort, ist das Fußgestell der Figuren auf dem Gefäß aus Knossos
nicht, sondern der Aufbau eines schwankenden Fahrzeugs. Wenig-
stens gilt das, wie wir oben ausgeführt haben, für das Gerüst unter
den Füßen des Mannes. Wie aber steht es um sein Gegenstück
links ? Hier kann man sich fragen, ob der anscheinend würfelför-
mige Block ein Trittstein am Ufer sein soll, den die Frau bestiegen
hat, während der Mann sich an Bord befindet1, oder ob auch dieses
Ding zum Schiffe selber gehört. Der Form nach gleicht es wenig-
stens jenem kastenärtigen Bau am Heck, den schon die ägyptischen
Nilschiffe öfters haben. In manchen Fällen scheint eine richtige
Deckkabine gemeint zu sein, in anderen ein erhöhter Stand als Auf-
enthaltsort für den Steuermann, ein Auslug, eine Kommandobrücke,
eine Estrade für bevorzugte Fahrgäste. Jedenfalls erblicken wir
auf dieser Plattform bisweilen menschliche Gestalten, stehend oder
kniend2. Aber alles das läßt sich auch an Seefahrzeugen der klassi-
schen Antike beobachten, bis zu den Kriegs- und Handelsschiffen
der römischen Kaiserzeit3. Für die Periode, die uns hier beschäf-
tigt, verweisen wir vor allem auf die Bilder der geometrischen und
unmittelbar vorhergehenden Kunst (Abb. 5)4; das Halbdeck, oft
in die äußerste Ecke des Schiffsrumpfes gerückt, ist zugleich
Brücke und erleichtert das Einsteigen, nicht anders als das Brett
1 Eine Situation also wie auf dem bekannten Elfenbeinrelief aus Sparta:
BSA. 13, 1906/7 Taf. 4 S. lOOff.; Dawkins, Sanctuary of Artemis Orthia 2141
Taf. 109, 110; Evans, Palace II 1, 252 Abb. 148b; Köster, Seewesen 89
Abb. 20. „Das Schiff ist nach homerischer Art mit dem Achtersteven ans Ufer
gefahren, von wo die Frau zur Begrüßung des Kapitäns ans Schiff herantritt.“
Sie steht erhöht, die Stelle wird durch das Blatt des eingezogenen Steuerruders
verdeckt.
2 Beispiele bei Almgren 42 Abb. 29, 43 Abb. 30, 46 Abb. 32 a, 47 Abb.
32b, 173 Abb. 109 (Bootsmodell), 175 Abb. 110 (Bootswagenmodell), 253
Abb. 144; Evans, Palace II 1 Suppl. Taf. 12 (S. 26). Über die Deckbauten
der Nilschiffe vgl. Caspari, Jdl. 31, 1916, 13ff. Abb. 3—5 Taf. 1. Siehe auch
die Schiffe der „Nordvölker“ auf ägypt. Reliefs des NR., Bissing-Bruckmann,
Taf. 94.
3 Köster, a. O. 108 Abb. 27, 141 Abb. 30 (m. E. die beste Erläuterung
zu unserer Vase! Man beachte die Lücke zwischen dem Halbdeck u. der etwas
niedrigeren Bühne), Tafelb. 50; derselbe, Studien 135 Abb. 16 (röm. Weser-
schiff auf Runenknochen).
4 Fibel Jdl. 31, 1916 Taf. 18, 1, 2. Vasen Köster, Tafelb. 18, 19, 20,
21, 22, 30. Zu vergleichen auch die Schiffskarren des Dionysos in der sf. Vasen-
malerei, Jdl. 27, 1912, Beilage 1 zu S. 61.