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Ranke, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 3. Abhandlung): Grundsätzliches zum Verständnis der ägyptischen Personennamen in Satzform — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41990#0029
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Grundsätzliches zum Verständnis der ägyptischen Personennamen. 29

hungslos und paßt nicht in das farbige Bild, das wir jetzt von der Art
dieser ägyptischen Satznamen gewonnen haben. Sobald wir1 über-
setzen „mein Vater ist (wieder) erwacht“, „meine Mutter ist es“,
„mein Bruder ist (wieder) lebendig geworden“, ist die lebensvolle
Beziehung hergestellt, von deren Sinn ich oben gesprochen habe.
Und auch die mit h zusammengesetzten Namen werden immer mit
„mein h. . . “ zu übersetzen sein. Daß ein Zweifel möglich ist, liegt
an der defektiven Schreibung der Hieroglyphen, in denen die ./
lautende Endung des Suffixes der ersten Person Singularis, offenbar
weil sie schon rein vokalisch geworden war, sehr häufig ausgelassen
wird. Häufig, aber durchaus nicht immer. Bei itf „Vater“ ist das
Suffix allerdings nie eindeutig ausgeschrieben, aber es kann nicht
zweifelhaft sein, daß neben einem Itf.f- 'nh (.w) „sein Vater ist
(wieder) lebendig geworden“ (51, 10 und itf ,s-ris(.w) „ihr Vater ist
(wieder) erwacht“ (51, 14) ein scheinbar suffixloses itfJnh(.w) (50,
17) und it.f-ris(.w) (51, 3) als ltf(.j)-'nh(.w) bzw. -ris(.w) auf-
gefaßt werden muß. Bei mw.t „Mutter“ finden wir das Suffix
zweimal (148, 20. 149, 1) ausgeschrieben, und auch bei sn „Bruder“
(309, 19) kommt eine solche Ausschreibung vor2. Bei den zahlreichen
/u-Namen endlich ist die Schreibung mit dem Suffix auch ganz
selten (328, 25. 430, 6), steht aber einmal im Mittleren Reiche
neben den scheinbar suffixlosen Formen des Alten Reiches (328, 25)
und wird gewiß überall zu ergänzen sein3.
Ich habe im Vorstehenden versucht nachzuweisen, daß die
ägyptischen Satznamen auf Ausrufe und Aussprüche bei der Ge-
burt zurückzuführen sind, und ich muß es meinen Lesern überlassen,
zu entscheiden, ob hier die Beweiskette sich geschlossen hat. Aber
damit, daß diese Namensätze ursprünglich derartige Ausrufe ge-
wesen sind, ist noch in keiner Weise erklärt die doch höchst merk-
würdige Verwandlung von Ausrufen, die im erregten Augenblick
geschehen und mit ihm verhallen, in Personennamen, die ihrem
Träger für die Zeit seines Lebens anhaften. Hier steckt ein psycho-
logisches Problem, dessen eindeutige Lösung ich nicht zu geben

1 Wie ich das oben stillschweigend schon getan habe.
2 Bei sn.t- (Schwester) ist sie bisher nicht belegt, aber mit sn-t zusammen-
gesetzte Satznamen sind ohnehin nur sehr wenige überliefert.
3 Über die mit dem Worte h gebildeten Personennamen hoffe ich an
anderer Stelle im Zusammenhang zu handeln.
 
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