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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0050
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Elisabeth Bohnenstädt :

mehr ist Kirche.— Diesen einen Körper cler Kirche, aufgebaut aus
vernunftbegabten Wesen, kann man den geheimnisvollen Leib
Christi nennen. Seine Glieder, aufs engste verbunden, sind alle
notwendig, stehen in dem einen und gleichen Grundverhältnis, der
einen und gleichen Verbindung mit dem einen belebenden Worte
Gottes. Und doch sind es verschiedene Glieder, verschiedenartig
dienend in mannigfaltiger Aufgabe, wobei aber eine Verschieden-
heit des Durchleuchtet- und Gestaltetseins vom Worte Gottes her
in der Freiheit der einzelnen geistigen Wesen liegt. Jenen Werde-
weg der Pilgernden, den Aufstieg zu Einung mit der wahren Er-
füllung, dem wahren Haupte der Kirche, vollziehen die einzelnen
begierig oder zögernd, in hoher Erhebung oder in nur geringem
Aufschwung; er hängt ab von dem Grade innerlicher Zuneigung
und Angeschlossenheit, von größerer oder geringerer Werthaftig-
keit, wie sie sich im Anschließungsversuch ausspricht, von dem
eigenen freien Entscheid und Tun, dem freien Willen, wie er mit
dem geistigen Geschöpfe, jeweils eigenartig, wesenhaft verbunden
ist. Daher vermag ein jeder sich je nach seiner Grundhaltung und erb-
lühten Grundbedingung, gemäß deren er zur gnadenhaften Gottes-
kindschaft gelangen kann, gleich sehr zu freuen. Und wie jeder
in solchem sein Wesen bestimmendem Verhalten in grundsätzlich
einer und gleicher Ebene dem Absoluten wie dem einen Mittler
Christus gegenüber steht, erfährt er im Aufstieg zu Christus eine
Freude, wie sie in etwa der haben könnte, der aus dem untersten
Laien- oder Klerikerstand plötzlich zu Amt und Ehre des höchsten
Standes oder vielmehr eines alle Stände hinter sich lassenden
höchsten Ranges erhoben würde. Das Teilnehmen des Unteren am
Höheren, es Vollendenden, zugleich das Belebtwerden des Niederen
vom Höheren ist hier die eine Teilnahme des kirchlichen Körpers am
Geiste Christi. Also ist der eine eigentliche ordo, die eigentliche
Rangordnung innerhalb der Kirche jene, die auf der geistigen Teil-
nahme beruht: je nach der inneren Bereitschaft, der Nähe und
Verbundenheit des Geistes zu Christus, und in ihm zu Gott, je
nach dem vielen oder wenigeren, was er, mehr oder weniger klar
den letzten fordernden Sinn und das letzte ihn rufende Ziel erfas-
send, zwischen sich und Gott treten läßt. Von Angesicht zu An-
gesicht sehen wir Gott hier ja nicht, und nie werden wir ein letztes
Höchstmaß der Einung erreichen; und wird doch schließlich ja in
allem Sein und Leben Gott, der Spender von Sein und Leben,
gesucht. Christus, der Gottessohn, zieht den vernünftigen Geist
 
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