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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0053
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Cusanus-Studien: III. Kirche u. Reich i. Schrifttum des Nikolaus von Gues. 43

III.
Ecclesia coniecturalis.
i. Wesenskennzeichnung.
Doch es bleibt nichts übrig, wir müssen in dieser an Stoff
gebundenen und nur sinnenverbunden wahrnehmbaren Welt aus
sinnlich bedingten Erfahrungszeichen über die Kirche Christi Ver-
mutungen aufstellen, da anders das echte Wesen des Geistes von
uns überhaupt nicht berührt und erfaßt werden kann. Deshalb
sind der heiligen eigentlichen Kirche hier in dieser Erdenzeit be-
stimmte Zeichen zugeordnet, teils eigens zum Zwecke des Bekennt-
nisses eingerichtet, in denen wir vermutungsweise die zu erkennen
vermögen, die Christi sind, in Christus wiedergeboren. Diese sinn-
lich wahrnehmbare Kirche, eingereiht wie sie ist unter die
erscheinungshaften Dinge, kann auf ihr eigentliches Wesen hin
betrachtet nur als vermutungshafte Kirche, als ecclesia
coniecturalis gelten. Nur in vermutungshafter, mit einem ge-
wissen Mut gewonnener Erschließung können wir über ihre letzte
Wirklichkeit Festlegungen machen. Demgemäß baut sie sich auf
aus denen, die unter sinnlichen Zeichen bekunden, daß sie an
Christus teilnehmen wollen und unter Zeichen Christus als den
Sohn Gottes und der Menschen bekennen. Es steht zwar ein der-
artiges Menschenurteil nur in Grad und Weise einer Hoffnung fest,
so lange genügend, bis aus Tun und anderen äußeren Zeichen etwas
anderes hervorgeht und feststeht. — Dieser Vermutungsbegriff von
Kirche umgreift nicht nur solche, die Christus in Geist und Leben
wirklich anhängen, wirklich lebendige Gläubige, sondern auch
solche, die wohl mit ihrem höheren, dem geistigen Vermögen und
Wollen in geistiger Bereitschaft Christus und in ihm Gott zu-
gewendet sind. Aber nicht immer fügen sich alle ihre Kräfte in
tätiger Verwirklichung diesem höchsten Wollen; nicht immer ord-
net sich die Seele, gleichsam verbindend zwischen Körper und Geist
und an beiden teilnehmend, und mittels der Seele der Körper dem
Geiste ein, auf daß der Mensch in seiner geistig-seelisch-leiblichen
Lebensverbundenheit ein Gleichnis der göttlichen Dreifaltigkeit
von Vater, Geist und Sohn sei. Es besteht hier zwischen Christus
 
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