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Elisabeth Bohnenstädt:
nicht nur, daß man in alten Bezeugnissen liest, in jener cathedra
seien zunächst drei erste Patriarchen gesessen, die von Rom, Ale-
xandria und Antiochia — und diese seien auch Papst genannt
worden, wie andererseits der Papst früher auch als Patriarch oder
als Erzbischof bezeichnet wurde —, auch die übrigen Bischöfe und
die Kardinale gehören ihr zu. Im Anfang wurde nämlich ein all-
gemeines Episkopat ohne Unterschiedenheit abgeteilter Diözesen
über die Erde verteilt, nicht von Petrus ausgesandt, sondern von
Christus; und die Kardinäle stellen gleichsam die Priesterschaft
aus allen verschiedenen Kirchenprovinzen dar und stehen in der
Gesandtschaft der ganzen Kirche dem Papste als engere Berater
zur Seite. Und wie ein Episkopat, eine bischöfliche Vorsteherschaft
besteht, so auch ein Lehrstuhl. Der Papst ist sein Mund. In diesem
allgemeinen Lehrstuhl besitzt der mystische Leib der Gesamt-
priesterschaft, bezogen auf sein Vorsteheramt, gleichsam die eini-
gende Seele seiner Vorstandschaft. Und wenn auch einige, die zeit-
weise im Stuhle Petri saßen, in Spaltungsirrtum und Abfall gerie-
ten, so verblieb der Vorsitz selbst doch ohne Verkommenheit. In
diesem unverletzten apostolischen Stuhle wird stets die Religion
bewahrt und die Lehre feierlich festgehalten, in der die unbefleckte
und wahre Festgegründetheit des christlichen Religionsbekennt-
nisses beruht. Nicht einem einzelnen Priester, sondern dem Gesamt-
priestertum gab Christus die Gewähr seines steten Beistandes, und
damit die Gewähr, daß es sich nicht verirren könnte. Im äußer-
sten und eigentlichen Sinne des Wortes besitzt daher nur die Ge-
samtkirche, deren Vertretung und Gebundenheit in der Einheit des
Lehrstuhles, Unfehlbarkeit; nur in der Einheit dieses Stuhles ist
sie der Wahrheit versichert. Daher müssen in der Lehreinheit dieses
Stuhles notwendig alle Bischöfe beharren. Wer ihr nicht anhängt,
steht außerhalb der Kirche. Und jeder, der Christ zu sein bekennt,
muß auch notwendig zugestehen, daß sein Lehrstuhl dem der Nach-
folger Petri verbunden sei, daß er selbst durch diese Verbunden-
heit in der Einheit stehe; andernfalls ist er nicht Christ48.
3. Allgemeine Vertretung.
Weil einerseits Gegenwärtigkeit und Beistand Christi nicht
einem einzelnen Priester, sondern der Kirche als Ganzheit, der ver-
sammelten Gemeinde versprochen wurde, weil andererseits jeder,
der zum episkopalen Priestertum gehört, dem anderen in dieser
Macht gleich ist, haben die Väter bei sich überlegt, daß kein Urteil
Elisabeth Bohnenstädt:
nicht nur, daß man in alten Bezeugnissen liest, in jener cathedra
seien zunächst drei erste Patriarchen gesessen, die von Rom, Ale-
xandria und Antiochia — und diese seien auch Papst genannt
worden, wie andererseits der Papst früher auch als Patriarch oder
als Erzbischof bezeichnet wurde —, auch die übrigen Bischöfe und
die Kardinale gehören ihr zu. Im Anfang wurde nämlich ein all-
gemeines Episkopat ohne Unterschiedenheit abgeteilter Diözesen
über die Erde verteilt, nicht von Petrus ausgesandt, sondern von
Christus; und die Kardinäle stellen gleichsam die Priesterschaft
aus allen verschiedenen Kirchenprovinzen dar und stehen in der
Gesandtschaft der ganzen Kirche dem Papste als engere Berater
zur Seite. Und wie ein Episkopat, eine bischöfliche Vorsteherschaft
besteht, so auch ein Lehrstuhl. Der Papst ist sein Mund. In diesem
allgemeinen Lehrstuhl besitzt der mystische Leib der Gesamt-
priesterschaft, bezogen auf sein Vorsteheramt, gleichsam die eini-
gende Seele seiner Vorstandschaft. Und wenn auch einige, die zeit-
weise im Stuhle Petri saßen, in Spaltungsirrtum und Abfall gerie-
ten, so verblieb der Vorsitz selbst doch ohne Verkommenheit. In
diesem unverletzten apostolischen Stuhle wird stets die Religion
bewahrt und die Lehre feierlich festgehalten, in der die unbefleckte
und wahre Festgegründetheit des christlichen Religionsbekennt-
nisses beruht. Nicht einem einzelnen Priester, sondern dem Gesamt-
priestertum gab Christus die Gewähr seines steten Beistandes, und
damit die Gewähr, daß es sich nicht verirren könnte. Im äußer-
sten und eigentlichen Sinne des Wortes besitzt daher nur die Ge-
samtkirche, deren Vertretung und Gebundenheit in der Einheit des
Lehrstuhles, Unfehlbarkeit; nur in der Einheit dieses Stuhles ist
sie der Wahrheit versichert. Daher müssen in der Lehreinheit dieses
Stuhles notwendig alle Bischöfe beharren. Wer ihr nicht anhängt,
steht außerhalb der Kirche. Und jeder, der Christ zu sein bekennt,
muß auch notwendig zugestehen, daß sein Lehrstuhl dem der Nach-
folger Petri verbunden sei, daß er selbst durch diese Verbunden-
heit in der Einheit stehe; andernfalls ist er nicht Christ48.
3. Allgemeine Vertretung.
Weil einerseits Gegenwärtigkeit und Beistand Christi nicht
einem einzelnen Priester, sondern der Kirche als Ganzheit, der ver-
sammelten Gemeinde versprochen wurde, weil andererseits jeder,
der zum episkopalen Priestertum gehört, dem anderen in dieser
Macht gleich ist, haben die Väter bei sich überlegt, daß kein Urteil