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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0072
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E L1 S A Ji E T H B 0 H N E N S TÄ D T :

tiges Zustandekommen entscheidend. Kein Konzil wird ohne Vor-
steher oder dessen Vertreter für voll und gemäß gültiger Regel
versammelt angesehen. Schon der geringste Domherr in der Diö-
zesansynode oder Diözesanbischof in der Provinzialsynode oder
Metropolit (oberster Erzbischof eines Landes) in der Patriarchal-
synode gehört zum Wesensbestande seiner Synode. Man wird da-
her nicht daran zweifeln, daß ein von diesem Wesensbestand zu
tragendes Vorgehen nichtig ist, wenn jener selbst nicht gewahrt
bleibt. Dementsprechend kann der Papst, solange auch nur einer
der als Vertretungsgesandtschaft der Provinzen bestellten Kardi-
nale ausgeschlossen ist, hinsichtlich einer die ganze Kirche betref-
fenden Allgemeinbestimmung nichts verfügen. Und im allgemeinen
Konzil müssen alle Häupter der Kirche geladen sein, wenn auch
nicht unbedingt nötig ist, jedes einzelne abzuwarten. Vor allem
aber gibt es also kein allgemeines Konzil ohne die Vorstandschaft
des Papstes, des Ersten im Episkopat des Glaubens, des obersten
Heerführers und Richters der streitenden Kirche. Zum mindesten
muß der stellvertretende Entsandte des Papstes zugegen sein, un-
bedingt dann, wenn es darum geht, daß die Synode voll und voll-
kommen sei. Und weitere Gesandte des apostolischen Stuhles sind
jederzeit zuzulassen, wenn auch nur einer Sprecher und Lenker
sein kann. Denn wie schon in den Teilsynoden nichts ohne den
einberufenden Vorstand durchgeführt, nichts unter Nichtachtung
auch nur eines, vor allem nicht des Hauptes geschehen kann, so
ist im allgemeinen Konzil der römische Bischof oder sein Entsandter
derart im Vorsitz, daß ohne ihn und ohne seinen Auftrag nicht nur
kein allgemeines Konzil rechter Ordnung gemäß gehalten werden
kann, sond ern es auch keine Beschlu ß kraft hat. In seinem Amt
des Vorsitzes ist das Haupt seinem Konzil leitend, ordnend und
dienend vorgesetzt. Damit umfaßt es freilich nur solche Leitung,
daß es alle Verhandlungen des Konzils durch Zwischenfragen regelt
und auf Grund der einzelnen Stimmen und der gemeinsamen Zu-
stimmung schließlich endgültig urteilt und den Beschluß zusammen-
faßt. Nicht als ob es allein entscheide, die anderen nur erwägten;
jeder Teilnehmer des Konzils urteilt und beschließt genau so gut
wie jener, der die erste Steile innehat. Dabei muß eine solche Frei-
heit herrschen, daß jedem die freie Redemöglichkeit gegeben und
ihm nicht etwa nur im geheimen, sondern vor aller Öffentlichkeit
Gehör geschenkt werde. Wohl wird in einem rechtmäßig versam-
melten Konzil, in dem alle Zuzulassenden zugelassen sind und das
 
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