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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0080
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Elisabeth Bohnenstädt:

hat nicht das Recht, die Rechtsgewalt der Bischöfe zu verletzen,
weil dies die Ordnung verwirrt. Weder das Haupt noch ein anderes
Glied hat zu solchem die Macht, solange jenes, dessen Verwaltung
er an sich bringen will, gesund, lebendig und ohne Vernachlässigung
war. Die größte Entstellung geht von dem aus, der im Hinblick
auf seine umfassende Gewalt glaubt, ihm stehe alles frei, und der
daher in die Rechte der Untergeordneten einbricht. Und weil das
Haupt krank ist, kranken alle Glieder. Wie die Gesundheit vor
allem des Hauptes, des vorstehenden Gliedes, Kraft und Gesund-
heit des ganzen Körpers bedingt, so bedeutet dessen Krankheit
Krankheit des Ganzen. Von den Oberen her breitet sich Mißgestalt
und Krankheit durch die ganze Kirche aus. Allgemein verletzen
die Oberen durch Überschreitung und Mißbrauch die Grenzen ihrer
hohen Machtbefugnisse gegenüber den Untergeordneten, und sie
belasten und bedrängen diese über Gebühr und Recht. Das Gut
der Armen und das ihnen Anvertraute zehren sie auf und be-
schweren damit auch die Gewissen der Mitbrüder. Alle, vom Ersten
und Höchsten bis zum Geringsten, befleißigen sich der Habsucht.
Klagt doch die ganze Welt über die Erwerbstüchtigkeit, die Hab-
sucht vor allem der römischen Kurie. Aus solcher Habsucht der
Vorsitzenden, der römischen Kurie mehr noch als der übrigen
Kirchenbezirke, wird der ganzen Kirche Ärgernis gegeben. — Ganz
besonders hat sich der ehrgeizigen Bischöfe ein gewaltiger Hunger
nach den mit der Kirche verbundenen weltlichen Herrschaftsrechten
bemächtigt. Dem Weltlichen gilt all ihre Sorge, dem Geistlichen
keine. Wer aber genügt einer so hohen Aufgabe wie dem geist-
lichen Amte? Und muß dann weltliche Amtssorge solchem Ge-
nügen nicht sehr entgegenwirken ? Wie soll der beides recht aus-
führen, der mehreres zugleich verfolgt, das nur sehr schwer zum
rechten Zusammenstimmen gebracht wird ? Kommt’s nicht so, daß,
wer sich zweier Aufgaben befleißigen will, keine von beiden durch-
führt ? Doch es bedarf keiner weiteren Umschreibung. Selten wir
doch selbst, wie durch die Vermischung der Ämter das geistliche
Amt von dem weltlichen fast ganz erdrückt wird und zusammen-
gefallen ist. Nicht daß der Papst meine, ihm gelte solches nicht.
Er sehe nach, was Klemens an Jakobus, den Bruder des Herrn,
schreibt, als er ihn einsetzte und ihm die Binde- und Lösegewalt
übertrug und ihm auseinanderlegte, wie er sie als Heilkundiger zum
Heile der Untergeordneten gebrauchen solle. Er sagt hierzu: „Nicht
zum Untersuchttngs- und Schiedsrichter weltlicher Dinge wollte
 
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