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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0110
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Elisabeth Bohnenstädt:

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der mildeste Heilbringer und das Heil selbst ist. Nicht bedarf es
einer anderen Belehrung für den Herrscher als der: Christi Spuren
zu folgen. Dann wandelt er im Licht der Wahrheit und geht ewigem
Leben zu. Für den Staat ist dann aufs beste gesorgt, und der Name
des Herrschenden steht in bleibendem Ruhme. — Die kaiserliche
Macht und Amtssorge in dem, was sich auf den allgemeinen christ-
lichen Glauben bezieht, gründet sich aber nicht eigentlich in der
Nachfolgerschaft, in der auf einen christlichen Kaiser wieder ein
christlicher Kaiser folgt, sondern vielmehr in der Gewaltübertra-
gung, gleichsam der Wurzel seiner Herrschermacht, durch das
christliche römische Volk. — Das 'römische’ Volk ist das Volk unter
dem 'römischen Kaiser’. — Ist das römische Volk nun christlich
geworden, und kann man das ganze christliche Volk als römisch
bezeichnen, so werden entsprechend der Eigenschaft dieses römi-
schen Volkes von ihm seine Kaiser, seine Lenker eingesetzt. Weil
die Absicht dieses Volkes nicht anders ist, als daß es gemäß seiner
Glaubensweise und -bescbaffenheit regiert werde, demgemäß Herr-
schaft übertragen möchte, so wird es von hier aus so sein, daß ein
Glaubensabtrünniger durch eine Wahl doch nicht die Gewalt der
Reichsherrschaft empfängt. So kann der Papst, der Erste im Epi-
skopat des Glaubens, wenn er einen Erwählten im Glauben ab-
trünnig findet, erklären, daß er nicht Kaiser sei. Doch nicht, als
ob mit solcher Amtssorge und Macht des Papstes für ihn Amt und
Sorge der Nachfolgeregelung selbst verbunden wäre69.
Wenn jede Anordnung des Kaisers auf dem rechten Wege zu
dem wahren Endzweck hinzielen soll, und Gott der Endzweck,
Christus der Weg ist, dann muß das christliche Reich zur Erhellung
seiner Wege das Priestertum um das beistehende Licht angeben.
Denn die Unterschiedenheit von heiligem Reich und christlicher
Kirche ist auch dahin zu beachten, daß der Kaiser sich nicht unter
irgendeinem Titel und Anspruch gegen das heilige Priestertum als
solches erhebe, daß er seine Macht nicht jener erhabenen, gött-
lichen in der Kirche verwalteten Macht gleich glaube. Das Reich
wird durch das Priestertum gleichsam so erleuchtet, wie der Mond
von der Sonne sein Licht empfängt, wenn auch beide, Sonne und
Mond, in gleicher Weise von Gott geschaffen sind. Wird doch Gott
der Geist durch das Mittel der Sakramente, deren Verwalter das
Priestertum ist, dem Körper, d. h. dem gläubigen Volk, wie gleich-
sam mittels der Seele verbunden, auf daß so der Mensch in Gott
sei. Es ist also das weltliche Reich, das 'heilige Reich’, der Kör-
 
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