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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0111
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Cusanus-Studien: III. Kirche u. Reich i. Schrifttum des Nikolaus von Gues. 101

per der Kirche; d. h. eben dieser Körper der Kirche ist es, der
durch Fürstenschaft und Herrschaft der Welt in seiner stufenhaften
Aufbauordnung aufgerichtet wird. Das Haupt dieses Körpers ist
somit das römische Staatswesen, die römische Reichsherrschaft, in
personaler vorstehender Vertretung und Leitung der römische
Kaiser. Was über die körperhafte Zusammenfügung und -bindung
in Bezug auf das Reich gilt, ist daher auch in Ausrichtung auf die
ihm entsprechende Beseelung, die von oben kommt, anzuwenden.
Auch der Körper ist Gottes; des Herren sind die Angeln der Erde,
und diese Erde selbst ist seine Fülle und Stärke. Das heilige
Priestertum aber ward dem Bereiche der Erde und Weltherrschaft
noch hinzugefügt, wie die wahrhaft lebenspendende Seele dem
Körper zugeordnet ist. Die kirchliche Gewalt wurde durch die
Väter so eingeteilt angetroffen, daß z. B., wo bei den Heiden ein
Kaiser war, nun auch Patriarchen einer oder mehreren Kirchen-
provinzen vorstehen ; anstelle der Oberzensoren und Oberpriester
der Heiden stehen in den einzelnen Provinzen Erzbischöfe; wo
eine Landeshauptstadt Mittelpunkt des Mutterlandes war, da sind
nun auch Metropolitane; in den wichtigen Städten der Landes-
teile, der Provinzen, wo Grafen und Priester vorstanden, sind nun
auch Bischöfe, und die Volkstribunen dürfen wohl als den Pfarrern
oder den übrigen Klerikern entsprechend gedeutet werden. Und
steht all diesen Priestern heute der Papst als pontifex maximus,
als oberster Priester vor, so ist schon mit dieser Bezeichnung als
nun der eines besonderen Amtsträgers angedeutet, wie die christ-
lich kirchliche Gewalt der zeitlich-weltlichen hinzugefügt wurde wie
eine Seele dem Körper, daß, wo eine zeitlich-weltliche Einigung in
irdischer Leitung schon bestand, dort auf dem Wege des Friedens
und der Eintracht die leitende Vorstandschaft zu Christus hin noch
hinzukomme, damit durch ein entsprechendes Mittel alles unter
das eine Haupt der himmlischen Gewalt zurückgeführt werde, von
der ja alle Gewalt auf Erden ihren Ausgang genommen hat. —-
Wird aber der rechte Zusammenklang und das in seinem Ursprung
zusammenstimmende Verhältnis gestört, verzerrt und zerrissen, so
ist’s wie in jedem Lebewesen, daß sich erst unheilbare Krankheit
und tödliches Fieber einstellen, und dann sich die Seele vom Leibe
trennt. Denn in der Schau auf den Zusammenfall alles verschie-
denen in Gott und auf den in ihm gründenden Zusammenfall aller
Gewalten, auf die eine allgemeine Macht und Gewalt, sieht man
in der Kirche (als gleichsam ein Leib-Seele-Wesen) geistliche wie
 
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