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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0114
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Elisabeth Bohnenstädt:

104
hätte. Welcher Christ könnte sagen, hier sei etwas angestrebt, das
über Gewalt und Vollmacht des Kaisers hinausginge, wenn es zur
Wahrung und Beachtung alter Kirchengesetze und rechtmäßiger
heiliger Bestimmungen, zur Förderung der Gottesverehrung, für
Wohl und Heil des staatlichen Ganzen geschah ? Nicht sollen
irgendwelche Einflüsterungen von irgend jemand den weisesten
Kaiser von solchen heiligen Absichten fernhalten. Viele nämlich er-
dichten scheinheilige, schöngefärbte Tüfteleien und bringen sie un-
ter heuchlerischem Anschein rechter Ergebenheit vor, um schlechte
Wege zu verteidigen und gegen Schuld und Beschuldigung ent-
schuldigende Ausflüchte anzubringen. Der eine Maßstab gilt: nur
Christus werde gesucht, der Weg, die Wahrheit und das Leben.
Denn alle heilige Herrschaft besteht zum Aufbau der Kirche. Daher
kann alle Herrschaft, geistliche wie weltliche, soweit sie diesem
Ziele untersteht, in der Kirche sein. Soweit sie diesem Ziele wider-
strebt, handelt es sich nicht um Fürsten- und Führerschaft in der
Kirche, da sie nicht teilnimmt an der einzigen kirchlichen Gewalt,
die in allen Gewalten, die in der Kirche sind, das wirklich seiend
ist, was jene nur eingeschränkt und gebunden sind71.
4. Reform des Reiches.
Schauen wir aber auf die gegenwärtige Wirklichkeit des Rei-
ches: wie sehr ist sein heutiger Zustand vom ursprünglichen und
vorbildlichen abgefallen! Fast nichts mehr von dem einst in Gel-
tung und Üblichkeit Stehenden gilt noch. Nicht besser aber vermag
man dem vollständigen Verfall des Reiches entgegenzuwirken
als durch die alten erprobten Mittel und auf den einst mit Erfolg
begangenen Wegen, die wir uns wieder erschließen und nutzbar
machen müssen. Aus dem in den alten Zeiten so blühenden Zu-
stand des Reiches ist in allem die Gesetzlichkeit aufzuspüren, die
in ihm wirkte; und dieser sind die bekannten heutigen Auswüchse
und Entstellungen gegenüberzuhalten, damit man umso klarer das
Ausmaß des Verfalls abwägen kann. Lind aus solchen Festlegungen
wächst im einzelnen Frage und Forderung nach den Heilmitteln.
Sorge des Konzils aber ist es vor allem, recht nach Weise eines
kundigen Heilers und Arztes dem Körper des Reiches die Gesund-
heit zu erhalten, wieder herzustellen, auf daß auch wirklich der
lebenspendende Geist durch ihm gemäßes Mittel mit dem Körper
verbunden werden und bleiben kann. Der Kaiser stelle daher in
seinem bewunderungswürdigen, eindringlichen Ernst und Bedacht
 
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