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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0120
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Elisabeth Boiinekstädt:

wucherischer Anhäufung von Kirchenpfründen willen oder wegen
Streitigkeiten wird das sauer Verdiente auch der Eltern und An-
verwandten durch die Söhne an die Kurie geschleppt. Gold und
Silber tragen sie nach dort hinweg; Papiere bringen sie dafür von
dorther heim. — Und nicht etwa die reine Investitur ohne Annahme
von Geld haben die römischen Bischöfe an sich gezogen, sondern
dazu soviel Geld, daß durch ganz Deutschland alle klagen, nicht
nur beschwert und bedrückt, sondern zugrunde gerichtet zu werden.
Und gerade die kleinen Leute sind es, denen letzten Endes alle
diese Lasten aufgebürdet werden. — Was nützen überhaupt noch
die weltlichen Güter der Kirchen dem Reiche, was der Kaiser-
herrschaft, was den Reichsuntergeordneten ? Wahrlich wenig oder
nichts. Was das Reich der Kirche übertrug und in heiligster Weise
und Absicht für den Gottesdienst und das allgemeine staatliche
Ganzheitswohl bestimmte, wird, seitdem Habgier und Begehrlich-
keit so kraß um sich greifen, unter bemäntelnden Vorwänden und
Ausreden und immer neuen Erdichtungen und Erfindungen gänz-
lich in seinem Sinn und Zweck verkehrt; das Kaiserliche wird
päpstisch und das Geistliche weltlich gemacht. Das war wahrlich
nicht die Absicht der Kaiser! Denn so ist die Leitung und Verwal-
tung weltlicher Herrschaftsrechte durch Kirchliche dem Staate und
den ihm Untergeordneten nur sehr entgegen und zu Schaden. Und
weil solches die Kirchengesetze der heiligen Väter nicht angeordnet
und weil vor allem ja die Erfahrung lehrt, wieviel des Übels und
Unheils daraus dem Reiche ersteht, ist dergleichen auf jede mög-
liche Weise einer Reform zu unterwerfen74.
All solcher Mißbrauch und Mißstand hat sich allgemeinhin des-
halb festgesetzt, weil es keine Wächter und Hirten und keine Voll-
bringer des Gesetzes mehr gibt; und diese gibt es nicht mehr,
weil keine Vollstrecker gerechten Gesetzesspruches mehr da sind,
keine Strafgewalt mehr besteht, die ja erst dem Gesetze die Kraft
verleiht. Reichs- und Kirchengesetze haben ihre Kraft verloren;
denn jedes Gesetz, dem die festigende und sichernde Kraft der
Zwangsgewalt mangelt, stirbt notwendig, und eine Zwangsgewalt
kann man nur auf Grund von Macht und Machtmitteln zur
Anwendung bringen. — Wurden früher durch die Leistungen der
weltlichen und geistlichen Fürsten und Edlen Sold und Erhaltungs-
kosten für ein ständiges Heer gewonnen, so ging, seitdem mit den
Leistungen, d. h. den Mitteln, das Kaiser und Reich schützende
Heer schwand, das Vaterland mit Riesenschritten seinem Verderben
 
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