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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0141
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Cusanus-Studien: III. Kirche u. Reich i. Schrifttum des Nikolaus von Cues. 131

spricht die Inhaltsangabe für dies Kapitel (S. 689): Quod Imperialis potestas
ordinale ex dono Constantini in occiduis a Papa non dependeat et quod ipsa
famösa donatio Äpocrypha sit. ,,Es wird darüber berichtet, daß die kaiser-
liche Reichsgewalt nicht durch eine das Westreich betreffende Konstantinische
Schenkung ordnungsgemäß vom Papste abhängt, und daß die vielzitierte
Schenkung selbst eine unechte Sache (ein fälschlich unterschobenes Schrift-
stück) ist.“ Wie zu einigen anderen Verfechtern deutscher Kaiserherrlichkeit
zeigen die Äußerungen des Cusanus manchen Anklang z. B. an Jordan v. Osna-
brück De translatione Imperii, doch gerade in der engeren, eigentlichen '‘Über-
tragung’ weicht Cusanus von Jordan ab. Seine Forschungen und Schlüsse
gibt Cusanus vor Lorenzo Valla, der bald hernach (ungefähr 1440) eine Wider-
legungsschrift 'Über die Konstantinische Schenkung’ verfaßte.
64 C.C. III II 780, 782, III 783, V 786, 87, XLI 821, 22.
Hier bricht in weiterer Entwicklung wieder jene Erkenntnis und Haltung
deutlich durch, der es in gewisser Abhebung zu damals Zeitüblichem bewußt
ist, daß menschliches Führertum, d. h. Führertum im Staate, in seinem Wesen
das höchste natürlich menschliche, der Menschennatur als solcher verbundene,
aus ihr erwachsende Amt sei, begründet in der höchsten menschlichen Macht
und diese auf bauend, im Unterschied zum Papsttum und kirchlicher Ge-
waltstellung überhaupt, die in ihrem Wesentlichen nicht aus menschlicher
Kraft und zu menschlicher Macht und Gewalt aufgerichtet wird. Doch beein-
trächtigt solche Haltung nicht die Verehrung etwa für den Papst in seinem
geistlichen Vertretung^- und Verwaltungsamt. Doch „die alles überragende
geistliche Macht“ als solche, die zum Wesentlichen des Priestertums gehört,
steht nicht in Frage und Auseinandersetzung.
65 C.C. II XXVIII 761. XXIX 762, 63; III XXVII 811, XXXIX
819, XLI 822.
66 C.C. III XXV 809, 10, XXVI 811, XXVIII 812, XXXIX 819.
Man mag vielleicht dahin urteilen, daß Cusanus auch zum Zwecke einer
Normweisung die Vergangenheit des Reiches mehr oder weniger zu ideal ge-
schaut habe. Dies erklärt sich einerseits aus den traurigen Zuständen seiner
eigenen Zeit, andererseits aus der allgemein noch geringen und wenig klaren
Erschlossenheit der deutschen Vergangenheit.
67 V.D. XIX 201, XX 201/02, XXII 203; Quaer. 293; Exc. I 358,
III 424, V 474, 494, 503, VI 550, VII 560, IX 639, X 662, 679; Ep. I 827;
D.J.UI IV 132, V 133, XII 162.
In den Bemerkungen über die Urbildlichkeit des Königtums Christi für
Königtum und Reich überhaupt und deren letzte Verwurzelung in Gott scheint
Cusanus eine ursprünglich gegebene und stets aufgegebene Verwurzelung von
Königtum und Reich im Schöpfungsplan, in der ursprünglichen Schöpfung
aussprechen zu wollen. Aus ecclesia ipsa gewinnen Reich wie Kirche ihren
gesonderten Bestand, wie Schöpfung und Erlösung für uns ein Zweierlei sind,
gesondert ähnlich wie der Sonne doppeltes Wirken, sowohl mittels der tragenden
Erde Fruchtbarkeit und des Samens keimender Kraft, als auch durch ihren
unmittelbar treffenden Strahl (ein von Cusanus angewandtes Bild). Beide zwar
sind zu notwendigem Zusammenklang und gleichem Ziele angelegt, zu Verwirk-
lichung dessen, was ihnen aus ihrer 'minimalen komplikativen’ Wurzel her als
Ziel aufgegeben: volle '(maximale) Ausfaltung’, d. h. Schöpfungsvollendung,
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