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Martin Dibelius:
sich deswegen von seiner Heimat entfernt (Vita Apollonii VI 3).
Dieses Verhalten lobt Apollonius, denn es sei kein Zeichen von
Zucht (σωφροσύνη), eine Gottheit zu beleidigen, viel eher gehöre
es zur Zucht von allen Göttern Gutes zu reden, und zumal in Athen,
wo ja auch unbekannten Gottheiten Altäre errichtet würden (σω-
φρονέστερον γάρ το περί πάντων θεών εύ λέγειν καί ταΰτα Άθήνησιν
ού καί άγνώστων δαιμόνων βωμοί ίδρυνται).
Es fragt sich, wie die unvermittelte Erwähnung der atheni-
schen unbekannten Götter zu erklären ist. Die etwas künstliche
Konstruktion einer literarischen Abhängigkeit bei Norden1 hat
sich im allgemeinen nicht durchgesetzt. Die Nennung des Theseus-
Sohnes Hippolytus bedingt die Erwähnung von Athen (trotzdem
die Geschichte in Troezen spielt); und die Schlußsätze beweisen
nur, daß man spottend oder lohend die Altäre unbekannter Götter
als Beweis für Athens Frömmigkeit anzuführen pflegte. Das konnte
sich auf den Altar in Phaleron beziehen oder auch auf jene namen-
losen Altäre, die nach Diogenes Laertius von dem Reinigungsakt
des Epimenides herrührten; jedenfalls war die fromme Stadt Athen
weithin durch die Verehrung unbekannter Gottheiten gekenn-
zeichnet.
4) Die Areopagrede spricht von der Inschrift, als wenn sie
singularisch lautete: einem unbekannten Gott. Das kann ebenso-
wohl auf bewußter Umgestaltung des Plurals beruhen, wie auf
bloßem Mißverständnis. Die letzte Annahme setzt allerdings vor-
aus, daß der Verfasser keine Ortskenntnis besaß. In diesem Fall
konnte er die Geschichte von den Schafen (wenn er sie etwa in
der Form kannte, die wir bei Diogenes Laertius lesen, s. oben S. 17)
auf eine Weihung im Singular beziehen: denn man las dort, die
Athener hätten am Ruheplatz eines jeden Schafes ,,dem betreffen-
den Gott“ geopfert und deswegen gebe es ,,Altäre ohne Namen“
1 Norden hat 1) die Timasion-Erzählung auf die Quelle des Philo-
stratus, das Buch eines gewissen Damis, zurückgeführt (auf Grund von Philo-'
stratus, Vita Apoll. VI 3 Anfang) — 2) behauptet, daß die Äußerung des
Apollonius aus einer in Athen gehaltenen Rede stamme und in der verlorenen
Schrift des Apollonius Περί θυσιών zu lesen gewesen sei — 3) angenommen,
daß der „Redaktor“ der Apg. diese Schrift oder jenen Bericht des Dämis
gelesen habe. -— Aber es läßt sich nicht beweisen, daß die angehängte Be-
merkung über die unbekannten Dämonen aus „Damis“ stammt. Die Nennung-
Athens wird durch die Erwähnung Hippolyts nahegelegt. Dann ist aber auch
die Ableitung des Motivs "unbekannte Dämonen’ von der Rede in Athen und
der daraus entstandenen Schrift περί θυσιών unwahrscheinlich.
Martin Dibelius:
sich deswegen von seiner Heimat entfernt (Vita Apollonii VI 3).
Dieses Verhalten lobt Apollonius, denn es sei kein Zeichen von
Zucht (σωφροσύνη), eine Gottheit zu beleidigen, viel eher gehöre
es zur Zucht von allen Göttern Gutes zu reden, und zumal in Athen,
wo ja auch unbekannten Gottheiten Altäre errichtet würden (σω-
φρονέστερον γάρ το περί πάντων θεών εύ λέγειν καί ταΰτα Άθήνησιν
ού καί άγνώστων δαιμόνων βωμοί ίδρυνται).
Es fragt sich, wie die unvermittelte Erwähnung der atheni-
schen unbekannten Götter zu erklären ist. Die etwas künstliche
Konstruktion einer literarischen Abhängigkeit bei Norden1 hat
sich im allgemeinen nicht durchgesetzt. Die Nennung des Theseus-
Sohnes Hippolytus bedingt die Erwähnung von Athen (trotzdem
die Geschichte in Troezen spielt); und die Schlußsätze beweisen
nur, daß man spottend oder lohend die Altäre unbekannter Götter
als Beweis für Athens Frömmigkeit anzuführen pflegte. Das konnte
sich auf den Altar in Phaleron beziehen oder auch auf jene namen-
losen Altäre, die nach Diogenes Laertius von dem Reinigungsakt
des Epimenides herrührten; jedenfalls war die fromme Stadt Athen
weithin durch die Verehrung unbekannter Gottheiten gekenn-
zeichnet.
4) Die Areopagrede spricht von der Inschrift, als wenn sie
singularisch lautete: einem unbekannten Gott. Das kann ebenso-
wohl auf bewußter Umgestaltung des Plurals beruhen, wie auf
bloßem Mißverständnis. Die letzte Annahme setzt allerdings vor-
aus, daß der Verfasser keine Ortskenntnis besaß. In diesem Fall
konnte er die Geschichte von den Schafen (wenn er sie etwa in
der Form kannte, die wir bei Diogenes Laertius lesen, s. oben S. 17)
auf eine Weihung im Singular beziehen: denn man las dort, die
Athener hätten am Ruheplatz eines jeden Schafes ,,dem betreffen-
den Gott“ geopfert und deswegen gebe es ,,Altäre ohne Namen“
1 Norden hat 1) die Timasion-Erzählung auf die Quelle des Philo-
stratus, das Buch eines gewissen Damis, zurückgeführt (auf Grund von Philo-'
stratus, Vita Apoll. VI 3 Anfang) — 2) behauptet, daß die Äußerung des
Apollonius aus einer in Athen gehaltenen Rede stamme und in der verlorenen
Schrift des Apollonius Περί θυσιών zu lesen gewesen sei — 3) angenommen,
daß der „Redaktor“ der Apg. diese Schrift oder jenen Bericht des Dämis
gelesen habe. -— Aber es läßt sich nicht beweisen, daß die angehängte Be-
merkung über die unbekannten Dämonen aus „Damis“ stammt. Die Nennung-
Athens wird durch die Erwähnung Hippolyts nahegelegt. Dann ist aber auch
die Ableitung des Motivs "unbekannte Dämonen’ von der Rede in Athen und
der daraus entstandenen Schrift περί θυσιών unwahrscheinlich.