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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 2. Abhandlung): Paulus auf dem Areopag — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41997#0017
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Paulus auf dem Areopag.

17

2) Die Weihung an unbekannte Götter mag veranlaßt sein
durch die Sorge, einem Gott aus Unkenntnis nicht den ihm gebüh-
renden Dienst erwiesen zu haben, eine Sorge, die gerade an Orten
mit Fremdenverkehr wie Athen, Olympia und Pergamon nicht un-
berechtigt erschien1 und die vielleicht auch durch Erzählungen von
zu Unrecht übergangenen Gottheiten lebendig erhalten wurde2.
Auch könnte ein bestimmtes Ereignis, das man als Wirkung eines
bisher nicht verehrten Gottes verstand, zu einer Weihung dieser
oder ähnlicher Art geführt haben. So erzählt Diogenes Laertius
I 110 über die Entsühnung Athens von der „Kylonischen Blut-
schuld“3 durch Epimenides aus Kreta: er ließ schwarze und weiße
Schafe vom Areopag in die Stadt laufen und an den Stellen, wo
eines dieser Tiere sich hinlegte, jeweils τω προσήκοντα Αεω opfern4.
Minder wahrscheinlich ist, daß mit den unbekannten Göttern be-
stimmte, etwa chthonische Gottheiten gemeint seien, deren Namen
man nicht nennen konnte oder wollte.
3) Philostratus erzählt in der Biographie des Apollonius von
Tyana, daß dieser in Ägypten einem Jüngling Timasion begegnete,
der, wie einst Hippolytus von Phädra, von seiner Stiefmutter mit
Liebe verfolgt worden sei; dieser aber habe nicht wie Hippoly-
tus deswegen die Aphrodite beleidigt, sondern ehre sie und habe
1 Jessen, Art. Άγνωστοι θεοί in Pauly-Wissowa, Realenzyklopädie,
Suppl. I, 28ff.
2 Eine solche Erzählung findet sich bei Herodot VI 105; danach habe
sich Pan über zu wenig Beachtung von seiten der Athener beklagt. Unter
den christlichen Schriftstellern berichtet Isidor von Pelusium Epist. IV 69
(an Hero, Migne graec. 78, 1128) dieselbe Geschichte und eine ändere von
einer Pest in Athen, bei der kein Gott Hilfe gewährte, έννοήσαντες ούν δτι
έστιν ΐσως θεός τις, δν αύτοί κατέλιπον άγέραστον, ό τον λοιμόν καταπέμψας,
hätten die Athener Tempel und Altar für einen unbekannten Gott errichtet.
Bei Ischodad (Horae Semiticae X, S. 28; s. unten S. 26 Anm. 3) findet sich
die Angabe, daß die Athener öfter so getan hätten, und die Geschichte von
Pan (s. oben), aber als Geschichte von einem unbekannten Dämon erzählt;
der Altar sei dem „unbekannten und verborgenen Gott“ geweiht worden.
3 Es handelt sich um die Tötung der Anhänger Kylons, die sich zur
Athena geflüchtet hatten, und die daraufhin über die Stadt kommende Pest.
Die Geschichte ist offenbar sehr viel älter als Diogenes; s. die Erwähnung
der Reinigung in der Αθηναίων Πολιτεία des Aristoteles.
4 Es heißt weiter: δθεν ετι καί νυν έστιν εύρεΐν κατά τούς δήμους των
Αθηναίων βωμούς άνωνύμους — was auf den Altären stand, erfährt man nicht.
Birt, Rhein. Mus. 1914, 355 meint: θεω; aber für die von Pausanias er-
wähnten Altäre kann das kaum gelten; zu regelmäßig ist in den Belegen
άγνωστος erwähnt.
2 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1938/39. 2. Abh.
 
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