Die Szene der Apostelgeschichte, in der Paulus den Athenern
predigt (17, 19—34), bezeichnet und will bezeichnen einen Höhe-
punkt des Buches. Das bezeugt schon dessen gesamte Anlage: die
Rede auf dem Areopag ist die einzige Heidenpredigt des Heiden-
apostels, die der Verfasser schildert. Zudem geben Besonderheiten
des Stiles und die Fülle der Motive, die hier in wenig Verse zu-
sammengedrängt erscheinen, dem Bericht eine besondere Bedeu-
tung.
Die Interpretation dieser Rede in den letzten Jahrzehnten hat
freilich, so scheint mir, darunter etwas gelitten, daß die Erklärer
entweder eine historische oder eine literarische These im Auge
hatten. Sie wollten entweder beweisen, daß Paulus diese Rede
wirklich gehalten habe oder doch gehalten haben könne; die er-
klärenden Belege werden dann mit Vorliebe den Briefen oder der
Umwelt des historischen Paulus entnommen; das gilt von Ernst
Curtius, Harnack, Alfred Wikenhauser, Eduard Meyer1.
Oder man erklärt die Areopagrede als Einlage, als Werk eines
Redaktors der Apostelgeschichte und muß dann begreiflicherweise
Spannungen und Widersprüche zu anderen Teilen des Buches
hervorheben; das ist z. B. das Verfahren von Eduard Norden
und Alfred Loisy2. Meine Untersuchung entnimmt ihr Recht
der Anwendung einer umgekehrten Methode; sie fragt zuerst nach
dem Sinn der Rede und erst dann nach ihrer Geschichtlichkeit
und ihrer Bedeutung im Buch der Apostelgeschichte.
Man kann die Rede in solcher Weise isolieren, denn sie spricht
durch sich selbst. Eine sehr klare Disposition zeigt ohne weiteres,
1 Ernst Curtius, Paulus in Athen. Sitzungsberichte der Berliner Aka-
demie 1893, 925·—938. — Adolf Harnack, Ist die Rede des Paulus in Athen
ein ursprüngl. Bestandteil der Apg. ? Texte und Untersuchungen 39, 1913. —
Alfred Wikenhauser, Die Apostelgeschichte und ihr Geschichtswert (1921),
390—394. — Eduard Meyer, Ursprung und Anfänge des Christentums III
(1923), 90—108.
2 Eduard Norden, Agnostos Theos, 1913, 3—83. — Alfred Loisy,
Les Actes des Apötres, 1920, 660—684. Es bedarf kaum der Erwähnung, wie
xiel das Verständnis der Areopagrede dem zuerst genannten Buche dankt.
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predigt (17, 19—34), bezeichnet und will bezeichnen einen Höhe-
punkt des Buches. Das bezeugt schon dessen gesamte Anlage: die
Rede auf dem Areopag ist die einzige Heidenpredigt des Heiden-
apostels, die der Verfasser schildert. Zudem geben Besonderheiten
des Stiles und die Fülle der Motive, die hier in wenig Verse zu-
sammengedrängt erscheinen, dem Bericht eine besondere Bedeu-
tung.
Die Interpretation dieser Rede in den letzten Jahrzehnten hat
freilich, so scheint mir, darunter etwas gelitten, daß die Erklärer
entweder eine historische oder eine literarische These im Auge
hatten. Sie wollten entweder beweisen, daß Paulus diese Rede
wirklich gehalten habe oder doch gehalten haben könne; die er-
klärenden Belege werden dann mit Vorliebe den Briefen oder der
Umwelt des historischen Paulus entnommen; das gilt von Ernst
Curtius, Harnack, Alfred Wikenhauser, Eduard Meyer1.
Oder man erklärt die Areopagrede als Einlage, als Werk eines
Redaktors der Apostelgeschichte und muß dann begreiflicherweise
Spannungen und Widersprüche zu anderen Teilen des Buches
hervorheben; das ist z. B. das Verfahren von Eduard Norden
und Alfred Loisy2. Meine Untersuchung entnimmt ihr Recht
der Anwendung einer umgekehrten Methode; sie fragt zuerst nach
dem Sinn der Rede und erst dann nach ihrer Geschichtlichkeit
und ihrer Bedeutung im Buch der Apostelgeschichte.
Man kann die Rede in solcher Weise isolieren, denn sie spricht
durch sich selbst. Eine sehr klare Disposition zeigt ohne weiteres,
1 Ernst Curtius, Paulus in Athen. Sitzungsberichte der Berliner Aka-
demie 1893, 925·—938. — Adolf Harnack, Ist die Rede des Paulus in Athen
ein ursprüngl. Bestandteil der Apg. ? Texte und Untersuchungen 39, 1913. —
Alfred Wikenhauser, Die Apostelgeschichte und ihr Geschichtswert (1921),
390—394. — Eduard Meyer, Ursprung und Anfänge des Christentums III
(1923), 90—108.
2 Eduard Norden, Agnostos Theos, 1913, 3—83. — Alfred Loisy,
Les Actes des Apötres, 1920, 660—684. Es bedarf kaum der Erwähnung, wie
xiel das Verständnis der Areopagrede dem zuerst genannten Buche dankt.
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