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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1939/40, 3. Abhandlung): Die Hohenpriesterliste bei Josephus und die evangelische Chronologie — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.42019#0032
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32

Gustav Hölscher:

christliche Religion in ihrer ältesten Form auf semitischem Boden
in stärkerem Grade die haptistische Praxis übte, als die evange-
lische Überlieferung erkennen läßt und die katholische Tradition
hat wissen wollen. Noch Hebr. 6, 1—2 nennt als Programm älte-
sten Christentums einerseits als Artikel des Glaubens den Glauben
an Gott, an die Auferstehung der Toten und das ewige Gericht,
und andererseits als Stücke der praktischen Religion Bekehrung
von den toten Werken, Handauflegung und die Lehre von „den
Baptismen“, d. h. den Waschungen oder Tauchbädern. Die hemero-
baptistische Praxis mit ihren täglichen Waschungen, wie sie in den
Pseudoklementinen dem Petrus zugeschrieben wird, ist auch schwer-
lich reine Erfindung. Vor allem zeigt das vierte Evangelium, welche
Rolle der Streit um die Waschungen in der ältesten semitischen
Christenheit gespielt hat1.
Das Verhältnis zwischen der christlichen Urgemeinde und den
Anhängern des Johannes wird anfangs ein ziemlich enges gewesen
sein. Wenn die Christen in Jesus den wahren Propheten erblickten,
an dessen Auferstehung und nahe Wiederkunft sie glaubten, wäh-
rend sie Johannes nur für den Vorläufer Elias betrachteten, so
hielten die Anhänger des Johannes daran fest, daß Johannes selber
der wahre Gesandte Gottes gewesen war. Der Übergang von der
einen Gemeinschaft zur anderen war nicht schwer, wie das Beispiel
des alexandrinischen Juden Apollos zeigt, den Aquila und Priscilla
in Ephesus für die Lehre des Paulus gewinnen (AG 18, 24ff.), oder
der zwölf Johannesjünger daselbst, die dann durch die Handauf-
legung des Paulus den heiligen Geist bekommen (AG 19, 1—7).
Man kann deshalb wohl die Frage aufwerfen, ob der Bericht-
erstatter, auf den ant. XVIII 116—119 zurückgeht, überhaupt so
genaue Kenntnisse besaß, daß er zwischen Johannesjüngern und
Jesusjüngern zu unterscheiden vermochte und nicht vielmehr unter
den „Juden“, deren Meinung er wiedergeben will, beide unwill-
kürlich zusammenfaßte. Man hat sich mit Recht oft darüber ge-
wundert, daß Josephus den Täufer Johannes erwähnt und von
Jesus schweigt; denn das testimonium Josephi ant. XVIII 63—64
ist längst als christliche Interpolation erkannt2, und auch die Stelle
XX 200, wo Jakobus als „Bruder Jesu, des sogenannten Christus“
1 Job. 13, 10 und dazu W. Brandt, a.a.O.; vgl. auch R. Bultmann,
Das Johannes-Evangelium, 1940, 359f.
2 Den überzeugenden Nachweis gab Ed. Norden, Neue Jahrb. f. d.
klass. Altertum XVI 1913, 637—666.
 
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