Metadaten

Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 3. Abhandlung): Messerbräuche: Studien zur Rechtsgeschichte und Volkskunde — Heidelberg, 1941

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42022#0005
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Einleitung
Das Messer ist eines der ältesten Werkzeuge; es folgt gleich
auf Hammer und Axt. Unter den Werkzeugen ist es wohl das
erste, das aus Metall hergestellt wurde. Es ist von seinem ersten
Auftreten bis heute der treueste Begleiter des Menschen gewesen.
Der vielseitigen Verwendung und Nützlichkeit entsprach auch die
Mannigfaltigkeit der Rechtsbräuche, die in früherer Zeit mit Mes-
sern vorgenommen wurden. Ehre und Unehre, Strafe und Ver-
brechen, Freiheit und Bindung, Drohung und Rettung, Los und
Lebenskraft konnten im Einzelfall dadurch ihren Ausdruck finden.
Oft sind es Messer des täglichen Gebrauchs oder auch un-
scheinbare, ja wertlose Messer, die im Ablauf eines Rechtsvorganges
in Erscheinung treten, bisweilen aber kostbare, die eigens dazu
hergerichtet werden, einen Rechtsakt zu begleiten; sie werden
gelegentlich beschriftet und sorgfältig aufgehoben. Sie sind aus
Eisen, Silber, Blei oder Holz.
Bei der nahen Verwandtschaft von Recht und Sitte, von Recht
und Zauber, ist es nicht zu verwundern, ja von vornherein zu er-
warten, daß auch Elemente des Aberglaubens, des Volksbrauches,
des Spieles sich bei den Messerbräuchen finden. Geräte des täg-
lichen Lebens sind als Rechtssymbole ebenso geläufig wie als Waffe
oder auch im Aberglauben. Und in gleicher Weise wie bei Zauber
und Volksbrauch werden auch beim Rechtsbrauch ältere Formen
lange festgehalten. Ferner läßt sich beobachten, wie ohne große
Schwierigkeit das eine Werkzeug oder Symbol durch ein anderes
vertreten werden kann. Das Messer hat nahe Verwandtschaft mit
manch anderem Gerät; es berührt sich mit Beil und Hacke, mit
Pflug und Sichel, mit Schwert und Dolch, mit Pfriem und Nagel.
Trifft man also bei einem bestimmten Brauch einmal ein Messer,
ein andermal z. B. eine Sichel, so ist die Untersuchung natürlich
nach diesen beiden Seiten zu führen; man wird zu bedenken
haben, welcher Brauch der ursprüngliche sein dürfte. Da der Ham-
mer älter ist als das Messer, so wird eher der Messerwurf eine Über-
nahme eines Hammerbrauches sein als umgekehrt. Die Axt als
Zwischenform zwischen Hammer und Messer bildet ein gegebenes
Bindeglied.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften