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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 3. Abhandlung): Messerbräuche: Studien zur Rechtsgeschichte und Volkskunde — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42022#0019
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Messerbräuche. Studien zur Rechtsgeschichte und Volkskunde 19

vum super altare1 und so oft. Bei mehreren Schenkern geschieht
das mit gesamter Hand, wie uns eine Urkunde von 1080 aus
Vendömes belehrt2:
ego et duo filii mei cultellum unum super altare Domini manibus
nostris concorditer imposuimus.
In der Regel wurde das Übergabssymbol auf dem Hauptaltar nieder-
gelegt. Doch erzählt eine Urkunde aus Chartres, daß der Schenker
genötigt gewesen wäre, das Messer an einem Nebenaltar, dem des
heiligen Laurentius, niederzulegen, weil an jenem Tage das Ge-
dränge in der Kirche so groß war, daß es unmöglich war, bis zum
Marienaltar durchzukommen3.
Auch ein Aussätziger konnte mit dem Messersymbol stiften4:
sciendum quod Willelmus de Caluz leprosus dedit abbatiae s. Tri-
nitatis et misit super altare per unum cultellum . . domum quan-
dam apud Caluz . . ut reciperetur in maladeriam beati Thomae.
Vereinzelt scheint das Messer sogar über dem Altar festgesteckt
worden zu sein; das ersehen wir aus einer Norfolker Urkunde5:
quod s. Edwardus quondam rex Angliae . . dedit Deo ac s. Ed-
mundo ac monachis domus illius . . in Brok per quendam cul-
tellum, quem dielt ipsum s. Edwardum fixisse super altum altare
monasterii dictae abbatiae et ibidem dimisisse in perpetuam
memoriam.
Damit kommen wir in den Kreis der Bräuche, die in einem Messer-
stecken bestehen6. Welche Absicht damit verfolgt wurde, daß das
Messer über den Altar gesteckt wurde, ist nicht ersichtlich. Mög-
licherweise stand dies auf einer Linie mit dem Aufhängen eines
Votivs. Doch wäre es auch denkbar, daß damit ein Schutz, eine
Abwehr beabsichtigt war, wie bei andern Messersteckungen. Votiv-
charakter möchte ich auch dem kleinen Bleimesser zusprechen, von
dem Lecocq berichtet7.
1 Lecocq / Memoires de la societe archeologique de l’Eure-et-Loir 3
(1863), 141.
2 Ebenda; ferner E. Mayer, Einkleidung im germanischen Recht / Fest-
schrift für Wach 1913, S. 56.
3 Es ist die eine Urkunde, die wir samt dem Messer im Bilde bringen.
Tafel 1, rechts.
4 Cartulaire de l’abbaye de la Sainte Trinite de Caen, Paris Bibi. Nat.
Ms. lat. 5650.
5 Ellis / Archaeologia 17 (1814), 312.
6 Siehe § 13, 16.
7 S. unten § 4.

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