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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 3. Abhandlung): Messerbräuche: Studien zur Rechtsgeschichte und Volkskunde — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42022#0020
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20

Eberhard Freiherr von Künssberg:

Am Altar wird ferner das Messer gebrochen1 in den Fällen, wo
dies üblich ist. Dem Altar steht, wie auch sonst für derartige sym-
bolische Handlungen, das Grabmal in der Kirche gleich. Eine
Urkunde aus Durham2 von 1129 besagt:
super sepulchrum s. Cuthberti per unum cultellum obtulit predic-
tam terram.
Sehr anschaulich ist die Schilderung, die uns eine englische
Urkunde aus dem Jahre 1150 gibt. Ingilramus Wardeden kam mit
seinen drei Söhnen nach Burgh und erklärte, er hätte bisher zu
Unrecht von der Abtei 30 Schillinge bezogen und dadurch sein
Seelenheil gefährdet. Er legt zum Zeichen der Wiedergutmachung
ein Messer auf den Altar und verzichtet damit auf die Abgabe3:
de culpa sua, quam timuit et recognovit, cultellum super illud
altare pro emendatione posuit; et omne rectum, cjuod in eisdent
triginta solidis hactenus clamaverat, de se et haeredibus suis, natis
et innatis, et de omni progenie sua, per eundem cultellum reddidit
et quietum clamavit.
Wenn es sich nicht um eine Stiftung an die Kirche handelt,
sondern um die Bestellung eines Wittums, dann ist der Schauplatz
des Geschäftes nicht vor dem Altar, sondern die Kirchtüre, vor der
das Messer übergeben wird. Acl ostium ecclesiae4, ad foras ecclesiae5
sollte ja das Wittum konstituiert werden, wenn es überhaupt gültig
sein sollte. Bracton6 schreibt darüber:
oportet igitur quod constitutio dotis sit facta publice, et cum
solemnitate ad ostium ecclesiae; et ubi nullum omnino matri-
monium, ihr nulla dos.
Dieser Satz wird bestätigt durch die Rechtsprechung jener Tage7.
Das Messer wurde dem Beschenkten hingehalten; das Hin-
1 Siehe S. 15 t.
2 Eelis, Archaeologia 17 (1814), 314.
3 Ebenda. — Ausnahmsweise kann ein Messer auch als corpus delicti
übergeben werden; vgl. die portugiesische Stelle bei E. Mayer, El antiguo
derecho de obligaciones espahol, 1926, S. 233: ein Totschläger ergibt sich zu
homagium, kniet nieder vor dem Kläger und reicht diesem sein Messer.
4 Siehe Text zu S. 21, Anm. 5.
5 Siehe Text zu § 1 S. 10, Anm. 5, sowie S. 11, Anm. 1.
6 Bracton, De legibus et consuetudinibus Angliae, ed. bv G. E. Wood-
eine, Yale Ilistorical Publications, 1922, II 266.
7 Pollock and Maitland, History of English Law II (1895), 372. 418ff.;
Brand, Populär Antiquities of Great Britain II (1854), 133f.; Notes and
Queries, 3th Ser. IX (1866), 10.
 
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