32
Eberhard Freiherr von Ivünssberg;
Das Weistum von Schönberg am Kamp1 schildert uns den Vor-
gang so:
so der jreiunger ain ganzes jar hie gewesen und dörfte der freiung
weider, so gierig hinauß . . auß der freiheit drei schridt und bracht
herein ein Wahrzeichen, ain abgebrochnes sündel und zwen pfening
und bracht dasselbige jier offene schranen und warf dasselbige
hinein in die schranen fier den richter und damit verkindt2 er
sich, so hat er wider freiung ain ganzes fahr.
Daß bei der Wiederholung des Einkaufs in die Freiung ein
abgebrochenes Messer genannt wird, ist wohl nicht zufällig. Der
Freiunger durfte ja kein spitzes tragen, das irgendwie als Waffe
verwendbar gewesen wäre3. Es ist also beinahe ein Standeszeichen
des Asylnehmers.
Unsere besondere Beachtung verdient das Weistum von Hüns-
dorf4 in Luxemburg aus dem Jahre 1607 mit seinen Sätzen über
das Asylrecht des ,,Freihauses“ des Klosters S. Maximin im Dorfe
Hünsdorf. Der todeswürdige Verbrecher kann zunächst sechs
Wochen und drei Tage dort Schutz finden:
wannehe aber die ziell der obgenannten sechs Wochen und drey
tagh umb und verlaufen wehren, und dieselbige persone drey füß
außerhalb des hausdruppenschlagh khomen und ein kolter uber-
rücks uff bemeltes freyhaus dagh werffen kundt, daß so lang liegen
verplieb, daß die misthedige personne wiedrumb in gerürtes frey-
haus khomen möchte, so soll dieselbe abermall die ziell von sechs
Wochen und dreyen tagen darin gefreyet werden. Sobaldt aber die
andere und letzte ziell . . auch umb und verlöschen, so möchte der
misthediger seine such gott und dem richter befehlen, dann des-
selbigen haus freyheit innen lenger nicht freyen noch erhalten
kcthn.
Während sonst die Verlängerung der Asylfrist gewöhnlich so er-
langt werden kann, daß man drei Schritte vor die Freiung geht
und dann wieder zurück und damit den Schutz neu erlangt, werden
erschwerende Bedingungen gestellt, bei denen der Zufall eine Rolle
spielt. Ein Pflugmesser5 wird nach hinten auf das Hausdach ge-
1 Österr. Weistümer VIII 729.
2 verkindt hier wohl gleich verurkundei; vgl. § 7.
3 Siehe S. 58. v. Künssberg, Deutsche Bauernweistümer, 1926, S. 25.
4 Luxemburgische Weistümer 354.
5 Pflugmesser, Pflugeisen, Pflughacke, Pflugkolter, Sech ist auch sonst
ein Wurfgerät, so bei der Hühnerfreiheit: vgl. v. Künssberg, Hühnerrecht
Eberhard Freiherr von Ivünssberg;
Das Weistum von Schönberg am Kamp1 schildert uns den Vor-
gang so:
so der jreiunger ain ganzes jar hie gewesen und dörfte der freiung
weider, so gierig hinauß . . auß der freiheit drei schridt und bracht
herein ein Wahrzeichen, ain abgebrochnes sündel und zwen pfening
und bracht dasselbige jier offene schranen und warf dasselbige
hinein in die schranen fier den richter und damit verkindt2 er
sich, so hat er wider freiung ain ganzes fahr.
Daß bei der Wiederholung des Einkaufs in die Freiung ein
abgebrochenes Messer genannt wird, ist wohl nicht zufällig. Der
Freiunger durfte ja kein spitzes tragen, das irgendwie als Waffe
verwendbar gewesen wäre3. Es ist also beinahe ein Standeszeichen
des Asylnehmers.
Unsere besondere Beachtung verdient das Weistum von Hüns-
dorf4 in Luxemburg aus dem Jahre 1607 mit seinen Sätzen über
das Asylrecht des ,,Freihauses“ des Klosters S. Maximin im Dorfe
Hünsdorf. Der todeswürdige Verbrecher kann zunächst sechs
Wochen und drei Tage dort Schutz finden:
wannehe aber die ziell der obgenannten sechs Wochen und drey
tagh umb und verlaufen wehren, und dieselbige persone drey füß
außerhalb des hausdruppenschlagh khomen und ein kolter uber-
rücks uff bemeltes freyhaus dagh werffen kundt, daß so lang liegen
verplieb, daß die misthedige personne wiedrumb in gerürtes frey-
haus khomen möchte, so soll dieselbe abermall die ziell von sechs
Wochen und dreyen tagen darin gefreyet werden. Sobaldt aber die
andere und letzte ziell . . auch umb und verlöschen, so möchte der
misthediger seine such gott und dem richter befehlen, dann des-
selbigen haus freyheit innen lenger nicht freyen noch erhalten
kcthn.
Während sonst die Verlängerung der Asylfrist gewöhnlich so er-
langt werden kann, daß man drei Schritte vor die Freiung geht
und dann wieder zurück und damit den Schutz neu erlangt, werden
erschwerende Bedingungen gestellt, bei denen der Zufall eine Rolle
spielt. Ein Pflugmesser5 wird nach hinten auf das Hausdach ge-
1 Österr. Weistümer VIII 729.
2 verkindt hier wohl gleich verurkundei; vgl. § 7.
3 Siehe S. 58. v. Künssberg, Deutsche Bauernweistümer, 1926, S. 25.
4 Luxemburgische Weistümer 354.
5 Pflugmesser, Pflugeisen, Pflughacke, Pflugkolter, Sech ist auch sonst
ein Wurfgerät, so bei der Hühnerfreiheit: vgl. v. Künssberg, Hühnerrecht