Messerbräuche. Studien zur Rechtsgeschichte und Volkskunde 33
worfen. Wenn es auf dem Dache hängen bleibt oder so langsam
ab rutscht, daß der Freiunger inzwischen wieder in das Haus zurück-
laufen kann, dann hat er wieder sechs Wochen und drei Tage
Sicherheit. Es ist also wieder ein Messer, das geworfen wird. Das
Hausdach, das bisher Schutz gewährt hat und das weiter Schutz
gewähren kann, entscheidet sozusagen, indem es das Freiungspfand
annimmt oder nicht.
Hier schließt sich eine elsässische Nachricht an, wonach dem-
jenigen, der in einen bestimmten Freihof geflüchtet ist, der Vogt
heim Abzug sicheres Geleite geben soll und ihm noch ein Pfennig-
brot und ein Brotmesser auf den Weg mitgeben soll* 1.
§7. Verurkunden mit dem Messer.
Wenn ich es demnach für sehr wahrscheinlich halte, daß das
Urkundenmesser, von dem wir ausgegangen sind, eine Wadia ge-
wesen sein dürfte, so kann ich zur weiteren Illustration darauf hin-
weisen, daß es in Westdeutschland, in der Moselgegend, ein „Ver-
urkunden mit dem Messer“ gab. Das heißt, als Wahrzeichen für
die Feststellung und Bestätigung von Vorgängen in der Gerichts-
sitzung wurde ein Messer gegeben oder auf den Tisch gelegt. Da
ist zunächst anzuführen eine Nachricht aus Odernheim an dem
Glan2 vom Jahre 1387:
des quamen sie (die Schöffen) widderumb und sprach J. G. vor
sie alle „waz wir hie wisen, das wisen wir bit underdinge; f linde
yman keyn beßers, wir wolden von dem unsern lassen und wolden
yme nae volgen als verre, als iz recht were, daz der scheffen in
sinre bescheidenheide verliebe“ und gap des sin meßer uns in
unsre haut zuo eyme boden vor ire underding.
„Bote“ hat hier die Bedeutung von Zeuge oder Bürge. Später
scheint das Verurkunden mit dem Messer zur festen Formel ge-
worden zu sein, wie sich aus folgender Stelle des Jahres 1563
ergibt3:
die scheffen votiren umb und antworten: es hab sich einmal zu-
getragen, das sich zween burger geschulden . alspalt hat der
heimburg dasselb verurkundt mit einem messer. Zum andern hab
und Hühnerzauber / Jahrbuch für historische Volkskunde 1 (1925), 126; ferner
für gewisse Grenzrechte.
1 Besold, Thesaurus Practicus, 1740, S. 747.
2 Archiv für Hessische Geschichte, 2. Folge 3 (1900), 145.
3 Lay (Trier) / Rheinische Weistiimer I 1, 173.
3 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1940/41. 3. Abh.
worfen. Wenn es auf dem Dache hängen bleibt oder so langsam
ab rutscht, daß der Freiunger inzwischen wieder in das Haus zurück-
laufen kann, dann hat er wieder sechs Wochen und drei Tage
Sicherheit. Es ist also wieder ein Messer, das geworfen wird. Das
Hausdach, das bisher Schutz gewährt hat und das weiter Schutz
gewähren kann, entscheidet sozusagen, indem es das Freiungspfand
annimmt oder nicht.
Hier schließt sich eine elsässische Nachricht an, wonach dem-
jenigen, der in einen bestimmten Freihof geflüchtet ist, der Vogt
heim Abzug sicheres Geleite geben soll und ihm noch ein Pfennig-
brot und ein Brotmesser auf den Weg mitgeben soll* 1.
§7. Verurkunden mit dem Messer.
Wenn ich es demnach für sehr wahrscheinlich halte, daß das
Urkundenmesser, von dem wir ausgegangen sind, eine Wadia ge-
wesen sein dürfte, so kann ich zur weiteren Illustration darauf hin-
weisen, daß es in Westdeutschland, in der Moselgegend, ein „Ver-
urkunden mit dem Messer“ gab. Das heißt, als Wahrzeichen für
die Feststellung und Bestätigung von Vorgängen in der Gerichts-
sitzung wurde ein Messer gegeben oder auf den Tisch gelegt. Da
ist zunächst anzuführen eine Nachricht aus Odernheim an dem
Glan2 vom Jahre 1387:
des quamen sie (die Schöffen) widderumb und sprach J. G. vor
sie alle „waz wir hie wisen, das wisen wir bit underdinge; f linde
yman keyn beßers, wir wolden von dem unsern lassen und wolden
yme nae volgen als verre, als iz recht were, daz der scheffen in
sinre bescheidenheide verliebe“ und gap des sin meßer uns in
unsre haut zuo eyme boden vor ire underding.
„Bote“ hat hier die Bedeutung von Zeuge oder Bürge. Später
scheint das Verurkunden mit dem Messer zur festen Formel ge-
worden zu sein, wie sich aus folgender Stelle des Jahres 1563
ergibt3:
die scheffen votiren umb und antworten: es hab sich einmal zu-
getragen, das sich zween burger geschulden . alspalt hat der
heimburg dasselb verurkundt mit einem messer. Zum andern hab
und Hühnerzauber / Jahrbuch für historische Volkskunde 1 (1925), 126; ferner
für gewisse Grenzrechte.
1 Besold, Thesaurus Practicus, 1740, S. 747.
2 Archiv für Hessische Geschichte, 2. Folge 3 (1900), 145.
3 Lay (Trier) / Rheinische Weistiimer I 1, 173.
3 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1940/41. 3. Abh.