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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 3. Abhandlung): Messerbräuche: Studien zur Rechtsgeschichte und Volkskunde — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42022#0037
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Eberhard Freiherr von Künssberg:

sich zugetragen, das H. S. den K. M. ein dieb . . geschulden;
das verurkundt der heimburg widerumb anstund mit einem messer.
{Dann weisen die Schöffen die Rechte der Herrschaft.) diese drey
underschiedliche weistumb verurkundt der heimburg von wegen
unsers gnedigsten churfursten und herrn . . cilspalt mit einem
messer.
Wie das Verurkunden geschieht, was mit dem Messer dabei vor-
genommen wird, das ist hier nicht ersichtlich. Doch scheint es nicht
irgend jemand übergeben worden zu sein, sondern wohl nur offen
hingelegt. Wenigstens wird ein Rechtsspruch im Weistum von
Müden dadurch bestätigt, daß Messer und Schlüssel auf den Tisch
gelegt werden1:
dieses verkündet (= verurkundet) der gedinglier mit aufflegung
eines messers auf den cliesch.
Hieher möchte ich folgende Sitte beim Aufdingen von Knech-
ten stellen, die im Rheinischen Wörterbuch2 verzeichnet ist:
Im Rheinlande bekamen die Knechte auf dem Rauernhofe
keine Messer beim Essen; jeder hatte seine eigene ,,Kneip“ (ein
großes Klapptaschenmesser mit abgestumpfter Klinge). Wenn er
beim Kaffeetrinken, das der Mietverhandlung folgte, die Kneip
niederlegte, so galt der Knecht als gemietet. Daher sagt man de
kneip nierlege für „sich mieten lassen“.
§ 8. Ergänzende Motive.
Wenn man für ein so wichtiges Rechtsgeschäft, wie die Land-
übertragung oder Landschenkung, ein Messer verwendet, so ist es
nicht nur denkbar, sondern sogar naheliegend, daß auch ein aber-
gläubisches Motiv mithereinspielt. Das ist die Schutzwirkung des
Eisens3 gegenüber den bösen Mächten. Nun ist nach den Arbeiten
v. Amiras die älteste und lange Zeit einzige Wadia der Stab und
die Festuca. Es wäre noch zu untersuchen, ob nicht die Ablösung
des Holzwadia durch das metallene Messer als ein Teil des Über-
gangs von der Holzkultur zur Metallkultur angesehen werden kann.
Daß in den älteren Urkunden die Festuca neben dem Messer ge-
nannt wird, will nichts besagen; das ist ja oft so, daß alte und
neue Formen nebeneinander bestehen, ohne sich weiter zu beein-
trächtigen.
1 Müden (Mosel) / Grimm, Weistümer II 451.
2 Rheinisches Wörterbuch IV 914.
3 Siehe § 16.
 
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