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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 3. Abhandlung): Messerbräuche: Studien zur Rechtsgeschichte und Volkskunde — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42022#0038
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Messerbräuche. Studien zur Rechtsgeschichte und Volkskunde 35
Offen ist noch die Frage, warum ein cultellum curvatum, ein
krummes oder gebogenes Messer genommen wurde ? Die Alter-
tumskunde belehrt uns, daß die antiken Opfermesser1 etwas ge-
krümmt waren. Auch die ältesten fränkischen waren etwas nach
rückwärts gekrümmt, während in der Merovingerzeit die Messer-
klingen immer gerade waren. Später wird das Messer, das den
Sachsen charakterisiert2, auch als krummes Messer gezeichnet; so
in der Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Rebmesser, Busch-
messer, Gartenmesser sind vielfach krumm. Die Feudisten sagen
ja auch, wie oben erwähnt, daß das Messer bei der Eheschenkung
nach Art eines Gartenmessers an der Spitze gebogen gewesen wäre.
Es ist jedoch keineswegs ersichtlich, inwieweit der Brauch des
Traditionsmessers, der sich ja durch Jahrhunderte und zwar in
christlichen Jahrhunderten verfolgen läßt, sich etwa für vorchrist-
liche3 Zeiten an das Opfermesser anknüpfen ließe, oder für spätere
Zeiten an das Gartenmesser. Völlig ausgeschlossen sind solche
Möglichkeiten freilich nicht. Die uns tatsächlich überlieferten
Messer -—-leider ja nur wenige Stücke —-haben alle gerade Klingen.
Sollte curvatum vielleicht gleichbedeutend sein mit flexum und
soviel wie „verbogen“ bezeichnen, also nur eine Vorstufe zum cul-
tellum fractum ? Rein sprachlich könnte das cultellum plicatum auch
ein couteau pliant sein, ein Klappmesser. Doch ist es sachlich höchst
unwahrscheinlich nach dem Stande der urkundlichen Nachrichten.
In seiner inhaltsreichen und anregenden Arbeit „Die Ver-
lobung im Volks- und Rechtsbrauch“4 bringt Bächtold die Tradi-
tionsmesser in Verbindung mit dem Messer als Ehepfand, als Ge-
schenk des Bräutigams an die Braut. Die naheliegende Gedanken-
brücke sind natürlich die Fälle, in denen das Urkundsmesser gele-
gentlich der Hochzeitsschenkung, des Dotaliciums, auftritt. Es sind
1 Vgl. Daremberg et Saglio, Dictionnaire des Antiquites I 2, S. 1585f.;
Pauli-Wissowa, Realencyclopaedie der klassischen Altertumswissenschaft
IV 1752.
2 Wortspielerisch etymologisierend, v. Amira, Dresdner Bilderhand-
schrift des Sachsenspiegels I (1902), Einleitung, S. 25. Vgl. v. Ivünssberg;
Sachsenspiegel; Bilder aus der Heidelberger Handschrift (Inselbücherei Nr.
347) Bild 12, 13, 15, 70.
3 Der christlichen Liturgie ist das Messer fremd. Es fehlt z. B. unter
den Sendzeichen, wo Rute, Stein, Kamm und Schere üblich sind: Koeniger,
Quellen zur Geschichte der Sendgerichte in Deutschland, 1909, S. 226ff. 255.
Wenn im Kirchenschatz Messer Vorkommen, so sind sie entweder Traditions-
messer oder Zinsmesser. Vgl. Gay, Glossaire archeologique 1882, I 471.
4 1913, S. 137 ff.

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