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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 3. Abhandlung): Messerbräuche: Studien zur Rechtsgeschichte und Volkskunde — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42022#0055
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Eberhard Freiherr von Künssberg:

als spiegelnder Strafe werden keine weiteren Bemerkungen ge-
macht. Nun erinnert ja die Selbstbefreiung an die Fälle, die wir
an anderer Stelle unter dem Schlagwort „Lösemesser“ behandelt
haben1. Inwieweit bei der Gefährdung durch Messerzücken und
Messerwurf auch Messerspiele als auslösendes Element in Frage
kommen, muß solange dahingestellt bleiben, bis wir Näheres wissen
über deren Art und Verbreitung unter dem Schiffsvolk und sonst.
Doch möchte ich darauf hinweisen, daß im Messerkapitel des Stadt-
rechts von Eggenburg2 ausdrücklich von fahrendem Volke geredet
wird. Und aus dem Norden wissen wir, daß Gewandtheit und Spiel
mit Messern Beachtung fand. Wurde doch vom norwegischen
Könige Olaf Trvggvason3 erzählt, daß er auf dem Schiffsrande
gehen und dabei mit drei Dolchmessern spielen konnte, so daß
immer eins in der Luft war und der Griff eines immer in seiner
Hand:
Ölafr konungr gekk eptir drum utbyrdis, er menn hans reru d
Orminum; ok kann lek at J>rimr handsöxum, svä at jafnan rar
eitt d löpti, ok hendi se me ulkaflann.
§11. Lösern esse r.
In einigen Weistümern spielt das Messer in dramatischen
Situationen als letztes Bettungsmittel eine gewisse Bolle. Es han-
delt sich dabei um Fälle, die als Zufallstrafe4 bezeichnet werden.
Drei Gruppen sind es, die wir da unterscheiden können.
Das älteste Beispiel ist wohl das vom Fischdieb. Es stammt
aus dem 15. Jahrhundert5:
ob ainer wer, der dem bischer seinen zeug aufhueb und tusch
daraus nein, den sol man verwürchen in ainer reuschn und sol
im ain sündl in die harrt geben, das ains phenning wert sei und
sol in ein das wasser werfen; sneidt er sich aus so ist er ledig.
Es ist eine typische spiegelnde Strafe: Wer aus der Fischreuse ge-
stohlen, wird in sie hineingesteckt und soll darin umkommen. In-
wieweit vielleicht der Dieb bei seiner Tat ein Messer verwendet hat,
1 Siehe §11.
2 Österr. Weistümer VIII 606.
3 Saga Olafs Tryggvasonar, cap. 92 / Heimskringla, ed. Linder og
Hagson 1870, I 201; Übersetzung in: Thule II 14, Snorris Königsbuch I
(1922), 289.
4 Vgl. v. Amira, Germanische Todesstrafen 127f. 222f.
5 Österr. Weistümer VII 103.
 
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