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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 3. Abhandlung): Messerbräuche: Studien zur Rechtsgeschichte und Volkskunde — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42022#0064
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Messerbräuche. Studien zur Rechtsgesehichte und Volkskunde 61

die die Grenzen ihrer Zunft eifersüchtig schützten1. Es wurde das
Messer gesteckt und der Schinderkarren vor die Türe des „Pfu-
schers“ gefahren und dort stehen gelassen. Dieser darf ebenso-
wenig weggeschoben werden wie das Messer herausgezogen. Ob-
wohl wir nicht allzuviel Nachrichten über diese Ausartung des
Zunftzwanges überliefert haben2, so war er doch schließlich so un-
leidlich geworden, daß der alte Reichstag sich damit befaßte. Das
Reichsgutachten wegen der Handwerksmißbräuche von 1731 er-
wähnt in seiner Reilage auch folgendes3:
gleicher gestalt, da ein Handwercker einen Hund oder Katze todt
wirfft oder schlüget oder erträncket, ja nur ein Aas anrühret, und
dergleichen, man eine Unredlichkeit daraus erzwingen will, so-
gar, daß die Abdecker sich unterstehen dörffen, solche Hand-
wercker mit Steckling des Messers und mehr andere Wege zu
beschimpffen, und dergestalt dahin zu nötigen, daß sie sich mit
einem Stück Geld gegen ihnen abfinden müssen.
Ganz aufgehört hat aber damit die Unsitte noch nicht; denn
Joseph Freiherr v. Lassrerg konnte Jakor Grimm noch als
selbst erlebt berichten, daß in Schwaben jemand für ehrlos und
vogelfrei galt, dem der Scharfrichter ein Messer über die Tür
steckte, weil er der Klage oder der Strafe entfloh4.
Der Selbstmörder wurde in älteren Rechten bestraft, vor allem
durch ein unehrliches Regräbnis. So heißt es im rugianischen
Landbrauch5:
henget sich einer sülvest binnen timmers, men houwet en los en
greft en linder dem sülle . . ut, let geeichte over en säten, bind
dat tow an einem sehlen mit einem swengel und let en mit einem
perde hinschlepen up den nechsten kreuzweg, . .; men legt em
dar dat hovet, dar de christlichen doden de vote hebben, . {hat
er sich erstochen, so geschieht ebenso, nur daß man ihm einen
bäum oder ein holz zu haupten setzt und das messen ins holz
schlägt).
1 A. Beier, Von Scharfrichtern und Schindern, 1702, S. 111 ff. Wissel l,
Des alten Handwerks Recht und Gewohnheit I (1929), 98 f.
2 Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 5 (1858), 301. — Zeit-
schrift für rheinisch-westfälische Volkskunde, 1907, 265.
3 Koch, Sammlung der Reichsabschiede II, 383.
4 Grimm, Rechtsaltertümer I, 235.
5 Normanns wendisch-rugianischer Landbrauch 1777, S. 247, angeführt
nach Grimm, Rechtsaltertümer II 326.
 
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