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Eberhard Freiherr von Künssberg:
Das ist keineswegs ohne weiters zu verstehen. Zunächst erhebt sich
die Frage, ob das Messerwaschen buchstäblich zu nehmen sei. Dann
hieße es etwa: Wenn es dem Totschläger gelingt, sein Messer irgend-
wo innerhalb des Immunitätsgebietes zu reinigen, ehe er verhaftet
ist, so liegt nicht mehr ,,handhafte Tat“ vor. Das Unglücksmesser
ist nicht mehr blutig. Der zufällig zum Totschläger Gewordene
wird zum Reinigungseid zugelassen, das heißt, er darf schwören,
die Tat nicht absichtlich begangen zu haben. Mit „nieden oder
oben“ könnte man wohl örtlich die obere oder untere Grenze des
Gebietes sich vorstellen oder möglicherweise auch Brunnen im
oberen oder unteren Ortsteil. Das Laufen nach dem Brunnen und
dort das Messerwaschen wäre das Gegenstück zu dem Laufen nach
dem Asyl1. Dem Gerichtsherrn darf aber dabei kein Nachteil er-
wachsen; so dürfen wir „ohne Gefahr2 des Herrn“ verstehen.
Die andere Deutungsmöglichkeit ist aber die, daß der Ausdruck
„sein Messer waschen“ nur bildlich gemeint ist. Es wäre durchaus
denkbar, daß diese Redewendung etwa hieße: sich mit den Betrof-
fenen, also der klageberechtigten Familie des Getöteten gütlich aus-
einandersetzen. Wir hätten uns zu denken, daß der Totschläger
mit irgendwelchen Verwandten der „toten Hand“ Sühneverhand-
lungen führt. Allerdings auch hier wieder so, daß die Gerichts-
rechte des Herrn nicht beeinträchtigt werden. Der Schlußsatz der
Stelle weist ausdrücklich darauf hin, daß dergleichen ein seltener
Ausnahmefall sei. Man dürfe sich nicht darauf verlassen und etwa
meinen, ein Totschlag wäre eine Bagatelle. Die Wendung „das
Messer waschen“ in diesem angenommenen bildlichen Sinne wäre
an die Seite zu setzen einer ähnlichen Redensart „ein Messer schön
machen“, der wir in einem rheinpfälzischen Weistum3 begegnen im
Jahre 1487:
soll ein herr . . eim schultheissen von des fauths wegen sein messer
schön machen, das ist sein imbs bezalen.
6. Der zeremonielle Scherz der Hänselbräuche bedient sich bei
verschiedenen Gelegenheiten des Messers, hinter den Depositions-
gebräuchen der Zünfte und Studenten, sowie bei der Äquatortaufe
1 Vgl. oben § 6.
2 Rechtswörterbuch III 1386.
3 Grimm, Weistümer III 749. — Es gibt noch mancherlei andere Redens-
arten mit dem Messer; das messerlein wiedergeben ‘Abbitte leisten’ Deutsches
Wörterbuch VI 2130; dem Metzger äs et Messer abgebrochen ‘er hat Bankrott
gemacht’ Rheinisches Wörterbuch V, 1103.
Eberhard Freiherr von Künssberg:
Das ist keineswegs ohne weiters zu verstehen. Zunächst erhebt sich
die Frage, ob das Messerwaschen buchstäblich zu nehmen sei. Dann
hieße es etwa: Wenn es dem Totschläger gelingt, sein Messer irgend-
wo innerhalb des Immunitätsgebietes zu reinigen, ehe er verhaftet
ist, so liegt nicht mehr ,,handhafte Tat“ vor. Das Unglücksmesser
ist nicht mehr blutig. Der zufällig zum Totschläger Gewordene
wird zum Reinigungseid zugelassen, das heißt, er darf schwören,
die Tat nicht absichtlich begangen zu haben. Mit „nieden oder
oben“ könnte man wohl örtlich die obere oder untere Grenze des
Gebietes sich vorstellen oder möglicherweise auch Brunnen im
oberen oder unteren Ortsteil. Das Laufen nach dem Brunnen und
dort das Messerwaschen wäre das Gegenstück zu dem Laufen nach
dem Asyl1. Dem Gerichtsherrn darf aber dabei kein Nachteil er-
wachsen; so dürfen wir „ohne Gefahr2 des Herrn“ verstehen.
Die andere Deutungsmöglichkeit ist aber die, daß der Ausdruck
„sein Messer waschen“ nur bildlich gemeint ist. Es wäre durchaus
denkbar, daß diese Redewendung etwa hieße: sich mit den Betrof-
fenen, also der klageberechtigten Familie des Getöteten gütlich aus-
einandersetzen. Wir hätten uns zu denken, daß der Totschläger
mit irgendwelchen Verwandten der „toten Hand“ Sühneverhand-
lungen führt. Allerdings auch hier wieder so, daß die Gerichts-
rechte des Herrn nicht beeinträchtigt werden. Der Schlußsatz der
Stelle weist ausdrücklich darauf hin, daß dergleichen ein seltener
Ausnahmefall sei. Man dürfe sich nicht darauf verlassen und etwa
meinen, ein Totschlag wäre eine Bagatelle. Die Wendung „das
Messer waschen“ in diesem angenommenen bildlichen Sinne wäre
an die Seite zu setzen einer ähnlichen Redensart „ein Messer schön
machen“, der wir in einem rheinpfälzischen Weistum3 begegnen im
Jahre 1487:
soll ein herr . . eim schultheissen von des fauths wegen sein messer
schön machen, das ist sein imbs bezalen.
6. Der zeremonielle Scherz der Hänselbräuche bedient sich bei
verschiedenen Gelegenheiten des Messers, hinter den Depositions-
gebräuchen der Zünfte und Studenten, sowie bei der Äquatortaufe
1 Vgl. oben § 6.
2 Rechtswörterbuch III 1386.
3 Grimm, Weistümer III 749. — Es gibt noch mancherlei andere Redens-
arten mit dem Messer; das messerlein wiedergeben ‘Abbitte leisten’ Deutsches
Wörterbuch VI 2130; dem Metzger äs et Messer abgebrochen ‘er hat Bankrott
gemacht’ Rheinisches Wörterbuch V, 1103.