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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 3. Abhandlung): Messerbräuche: Studien zur Rechtsgeschichte und Volkskunde — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42022#0078
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Messerbräuche. Studien zur Rechtsgeschichte und Volkskunde 75
von 1190 ein Messer mit schwarzem Griff als Übereignungssymbol
verwendet und mit einer Harfensaite an der Urkunde befestigt
wird. Es hat also wohl keine Zauberbestimmung gehabt.
3. Weit verbreitet, ja vielleicht allgemein ist die Volksmeinung,
daß man ein Messer oder eine Schere nicht verschenken dürfe, wie
überhaupt nichts Spitzes. Man müsse wenigstens eine kleine Münze
als Scheinkaufpreis oder als Gegengeschenk annehmen; oder man
müsse irgendwelche Kleinigkeit noch mitschenken. Ein geschenktes
Messer zerschneidet das Freundschaftsband, die Liebe zwischen
Schenker und Beschenktem, so wie die Nadel sie durchsticht. Bei-
spiele dafür beizubringen ist beinahe unnötig, so sprichwörtlich und
lebendig ist vielfach auch heute noch die Meinung. In der deut-
schen volkskundlichen Literatur ist immer wieder darauf hin-
gewiesen1, doch auch bei andern Nationen gilt das gleiche2.
Mit diesem Aberglauben haben sich schon namhafte Bechts-
historiker beschäftigt. In ihrer Geschichte des englischen Rechts3
haben Pollock und Maitland die Frage gestellt, ob nicht die
moderne Übung, Messer und Waffen nicht zu verschenken, sondern
ihr Verschenken in die Form eines Kaufes zu kleiden, als ein Rest
des Launegilds anzusehen sei, das heißt der Gegenschenkung, die
erst die Schenkung verbindlich macht. Oder ob das Launegild
zusammenfloß mit irgendwelcher vielleicht noch älteren Vorstel-
lung? Darauf antwortete Heinrich Brunner in seiner Bespre-
chung des englischen Buches4 mit dem Hinweis auf den Aber-
glauben in Deutschösterreich, daß solche Schenkung Schenker und
Beschenkten entzweien würde. ,,Der Grundgedanke des Laune-
1 Wuttke, Der deutsche Volksaberglaube3, 1900, § 553; Heckscher,
Die Volkskunde des germanischen Kulturkreises an Iland der Schriften E. M.
Arndts, 1925, S. 130. 385; Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens VI
(1934), 206.
2 Bächtold, Verlobung im Volks- und Rechtsbrauch, 1913, S. 75ff.;
R. Cornette, Cl. Buve, Superstitions / Le Folklore Brabancon 2, 346. 349;
J. Brand, Observations on the Populär Antiquities of Great Britain III
(1855), 250. — Ein alter Vers für den Valentine’s Day in Nebraska, an dem
man sich gegenseitig beschenkt, lautet:
“// you love me like I love you
No knife can cut our love in two.”
Folklore 49 (1938), 149. — Vgl. auch Klopfer, Engl. Reallexikon I (1897),
1245.
3 Sir Frederick Pollock and Frederic William Maitland, The
History of English Law before the Time of Edward I., vol. II (1895) 211.
4 Zeitschrift für Rechtsgeschichte 30 (1896), 132.
 
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