VI. Kapitel.
§ 17. Messerwurf.
In früheren Jahrhunderten, als das Messer noch als Waffe an-
zusprechen war, ist es nicht bloß Hieb-, sondern auch Wurfwaffe
gewesen. Außerdem aber begegnen wir dem Messerwerfen im Zau-
ber und beim Losen, im Spiel und in der Artistik. Kein Wunder,
daß auch im Rechtsbrauch da und dort ein Messer geworfen wird.
Für das Messerwerfen als Kampf haben wir deutliche Zeug-
nisse in der Heldensage. Im Waltharilied kommt es vor, besonders
ausführlich aber wird es geschildert im Wolfdietrichlied. Da sehen
wir, daß es eine besondere Kunst war, die hervorragende Gewandt-
heit erforderte und keineswegs allgemein geübt wurde. König Ant-
zius in Konstantinopel hatte dem Herzog Berhtung aus Meran das
Messerwerfen gelehrt; und als er im Sterben war, bat er ihn, dies
nun seinem Sohn Hugdietrich zu zeigen1:
Er sprach ,,Herzog Berhtunc du solt mich gcniezen lau
Ich lert dich mezzer werfen des tar dich niernan bestan
Do gap ich dir ze wibe die edelen herzogin
Nu lere es Hugdietrichen als lip ich dir muge gesinN
Hugdietrichs Sohn ist Wolfdietrich2, auch er lernt die Kunst von
Berhtung. Im heidnischen Sarazenenland herrscht Saretzein, der
jeden Christen im Messerzweikampf besiegte. Als Wolfdietrich die
Ehe mit dessen Tochter ausschlug, mußte auch er sich zum gericht-
lichen Zweikampf mit diesem Meister stellen. Das Heldenbuch3
schildert den Vorgang so:
Der heid sprach zornigleiche ,,krist, must viir grichte ganu.
do sprach Wolffdietereiche ,,wie tut dein gerichte stan?u
do sprach der beiden drote „drei wiirff must du sten mir
wiirff ich dich nit zu dote, ich ste auch drei den dir.“
Fun ff beiden reiche teten an dem ringe st an.
Die ausführlichere Fassung B des Heldengedichtes schildert den
weiteren Kampf so4:
1 Wolfdietrich B I 6 / Deutsches Heldenbuch III 1 (1871), S. 168.
2 Wolfdietrich B II 265, ebenda S. 207.
3 Wolfdietrich A 273, ebenda S. 156.
4 Wolfdietrich B III 587, ebenda S. 255ff.
§ 17. Messerwurf.
In früheren Jahrhunderten, als das Messer noch als Waffe an-
zusprechen war, ist es nicht bloß Hieb-, sondern auch Wurfwaffe
gewesen. Außerdem aber begegnen wir dem Messerwerfen im Zau-
ber und beim Losen, im Spiel und in der Artistik. Kein Wunder,
daß auch im Rechtsbrauch da und dort ein Messer geworfen wird.
Für das Messerwerfen als Kampf haben wir deutliche Zeug-
nisse in der Heldensage. Im Waltharilied kommt es vor, besonders
ausführlich aber wird es geschildert im Wolfdietrichlied. Da sehen
wir, daß es eine besondere Kunst war, die hervorragende Gewandt-
heit erforderte und keineswegs allgemein geübt wurde. König Ant-
zius in Konstantinopel hatte dem Herzog Berhtung aus Meran das
Messerwerfen gelehrt; und als er im Sterben war, bat er ihn, dies
nun seinem Sohn Hugdietrich zu zeigen1:
Er sprach ,,Herzog Berhtunc du solt mich gcniezen lau
Ich lert dich mezzer werfen des tar dich niernan bestan
Do gap ich dir ze wibe die edelen herzogin
Nu lere es Hugdietrichen als lip ich dir muge gesinN
Hugdietrichs Sohn ist Wolfdietrich2, auch er lernt die Kunst von
Berhtung. Im heidnischen Sarazenenland herrscht Saretzein, der
jeden Christen im Messerzweikampf besiegte. Als Wolfdietrich die
Ehe mit dessen Tochter ausschlug, mußte auch er sich zum gericht-
lichen Zweikampf mit diesem Meister stellen. Das Heldenbuch3
schildert den Vorgang so:
Der heid sprach zornigleiche ,,krist, must viir grichte ganu.
do sprach Wolffdietereiche ,,wie tut dein gerichte stan?u
do sprach der beiden drote „drei wiirff must du sten mir
wiirff ich dich nit zu dote, ich ste auch drei den dir.“
Fun ff beiden reiche teten an dem ringe st an.
Die ausführlichere Fassung B des Heldengedichtes schildert den
weiteren Kampf so4:
1 Wolfdietrich B I 6 / Deutsches Heldenbuch III 1 (1871), S. 168.
2 Wolfdietrich B II 265, ebenda S. 207.
3 Wolfdietrich A 273, ebenda S. 156.
4 Wolfdietrich B III 587, ebenda S. 255ff.