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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 3. Abhandlung): Messerbräuche: Studien zur Rechtsgeschichte und Volkskunde — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42022#0084
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Messerbräuche. Studien zur Rechtsgeschichte und Volkskunde 81,
der Persönlichkeit, ähnlich wie im Pfänderspiel und beim Kabeln.
Wenn die Burschen in einigen Dörfern um Mädchen kabeln1, so
geben sie als Los irgendeinen kleinen Gegenstand, der leicht als
ihrer wieder zu erkennen ist; dafür ist natürlich das Taschen-
messer besonders geeignet. Dann zieht einer die Lose aus dem Hut
und dabei wird jedesmal bestimmt, welches Mädchen dem betref-
fenden Lose zufällt. Das Ganze ist also kein Losen mit Messern,
sondern das Messer wird nur als Kabel verwendet. Wenn es dabei
auch gewohnheitsmäßig geworfen wird, so liegt doch kein eigent-
licher Messerwurf vor. Beim Wurf ins Asyl jedoch kommt noch
das Element des Wurfmaßes, der Wurfweite hinzu. Beim Wurf-
orakel „Mal oder Unmal“2 kommt es nicht auf Wurfweite oder
Höhe an, sondern auf den Zufall, wie das Messer fällt. Das gleiche
gilt für das Messerpecken und die andern Wurfglücksspiele3. Der
abergläubische Messerwurf4 gründet sich zumeist auf die Zauber-
wirkung des Eisens.
Bei den Wurfriten des Volksbrauches und des Rechtsbrauches
steht das Messer neben dem Pflugeisen und der Sichel; von beson-
deren Wurfmessern hören wir in den Rechtsquellen nichts. Der
Wurf mit dem Pflugmesser dient vor allem der Grenzbestimmung,
der Sichelwurf der Abgrenzung, wie weit die Hühner Auslauf haben.
In meiner Studie über Hühnerrecht und Hühnerfreiheit5 bin ich zu
dem Ergebnis gekommen, daß der Sichelwurf des Hühnerrechts
aus den Erntefestbräuchen in die Rechtsquellen übernommen wor-
den ist. Für diese Erntefeste (Sichelhenke) hatte ich Beispiele aus
verschiedenen Ländern beigebracht, von 1401 aus der Pikardie,
dann aus Deutschland und Estland. Diese Belege lassen sich er-
gänzen durch Nachweise aus England6 und Schottland7, wo in
gleicher Weise gelegentlich der Beendigung der Ernte die Zukunft
erforscht wird durch Sichelwurf. Messerwurf als Orakel wird aus
Wales berichtet8.

1 Andree / Zeitschrift für Volkskunde 6 (1896), 364.
2 Siehe § 18, 3.
3 Siehe § 18, 2.
4 Siehe S. 74.
5 v. Künssberg, Hühnerrecht und Hühnerzauber / Jahrbuch für histo-
rische Volkskunde 1 (1925), 126 ff.
6 Brand, Populär Antiquities II 24.
7 British Calendar Customs, Scotland I 86f.
8 M. Trevf.lyan, Folklore of Wales, 1909, 254f.

6 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1940/41 3. Abh.
 
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