Schluß
Es waren lauter Bilder aus der Andacht zum Kleinen im Ge-
biete der Rechtsgeschichte. Doch auch die Untersuchungen der
kleinen und unscheinbaren Dinge der Vergangenheit sind imstande,
uns große Zusammenhänge und Entwicklungslinien aufzudecken.
Die Betrachtung der Messerbräuche zeigt insbesondere das Ver-
flochtensein von Rechtsbrauch und Volksbrauch, von Aberglaube
und Spiel. Solange das Recht nur mündlich überliefert wird,
herrscht das Symbol. Die Schrift verengt sein Gebiet; es flüchtet
sich in den Volksbrauch und schließlich in das Spiel.
Blicken wir zurück auf die zeitliche und örtliche Verbreitung
der einzelnen von uns untersuchten Messersitten, so ergibt sich eine
große Verschiedenheit. Einige sind durch manche Jahrhunderte
und weite Länder zu verfolgen, andere wieder sind auf wenige Be-
lege und einen kleinen Geltungskreis beschränkt. Das Urkunden-
messer konnten wir antreffen vom 9. Jahrhundert an in Italien,
dann in Frankreich, in der Normandie und in England, in zeit-
lichem Abstand und etwas abgewandelt schließlich in Westdeutsch-
land und sogar in Dänemark. Die Strafe des Durchschlagens der
Hand läßt sich dagegen in den nordischen Ländern als Schiffs-
und Gefolgschaftsstrafe nachweisen, wobei die Quellen eine deut-
liche Verwandtschaft zeigen. Parallelen dazu — wenn auch ab-
weichend — trafen wir von Flandern bis Österreich. Beim Löse-
messer, das in wenigen und vereinzelten Formen zu beobachten ist,
ließ sich die Herkunft aus antikem Erzählgut wahrscheinlich ma-
chen. Gewisse Messerriten sind im gesatzten Recht geregelt, andere
kommen nur in Urkunden vor. Bestimmte Bräuche gehören vor
allem dem Recht der Weistümer an, anderes dem Zunftrecht. Aber-
gläubische Vorstellungen und Spiele sind ziemlich allgemein ver-
breitet. Das einfache Werkzeug, in seinem selbstverständlichen
und allgemeinen Gebrauch bringt es mit sich, daß ähnliche oder
gar gleiche Vorstellungen damit verbunden werden auch in Ge-
bieten und Zeiten, wo an Übertragung und Zusammenhang schwer-
lich gedacht werden kann.
Wie geläufig unserm Denken die Vorstellung von bedeutsamen
Messerbräuchen ist, davon gibt es keinen anschaulicheren Beweis
Es waren lauter Bilder aus der Andacht zum Kleinen im Ge-
biete der Rechtsgeschichte. Doch auch die Untersuchungen der
kleinen und unscheinbaren Dinge der Vergangenheit sind imstande,
uns große Zusammenhänge und Entwicklungslinien aufzudecken.
Die Betrachtung der Messerbräuche zeigt insbesondere das Ver-
flochtensein von Rechtsbrauch und Volksbrauch, von Aberglaube
und Spiel. Solange das Recht nur mündlich überliefert wird,
herrscht das Symbol. Die Schrift verengt sein Gebiet; es flüchtet
sich in den Volksbrauch und schließlich in das Spiel.
Blicken wir zurück auf die zeitliche und örtliche Verbreitung
der einzelnen von uns untersuchten Messersitten, so ergibt sich eine
große Verschiedenheit. Einige sind durch manche Jahrhunderte
und weite Länder zu verfolgen, andere wieder sind auf wenige Be-
lege und einen kleinen Geltungskreis beschränkt. Das Urkunden-
messer konnten wir antreffen vom 9. Jahrhundert an in Italien,
dann in Frankreich, in der Normandie und in England, in zeit-
lichem Abstand und etwas abgewandelt schließlich in Westdeutsch-
land und sogar in Dänemark. Die Strafe des Durchschlagens der
Hand läßt sich dagegen in den nordischen Ländern als Schiffs-
und Gefolgschaftsstrafe nachweisen, wobei die Quellen eine deut-
liche Verwandtschaft zeigen. Parallelen dazu — wenn auch ab-
weichend — trafen wir von Flandern bis Österreich. Beim Löse-
messer, das in wenigen und vereinzelten Formen zu beobachten ist,
ließ sich die Herkunft aus antikem Erzählgut wahrscheinlich ma-
chen. Gewisse Messerriten sind im gesatzten Recht geregelt, andere
kommen nur in Urkunden vor. Bestimmte Bräuche gehören vor
allem dem Recht der Weistümer an, anderes dem Zunftrecht. Aber-
gläubische Vorstellungen und Spiele sind ziemlich allgemein ver-
breitet. Das einfache Werkzeug, in seinem selbstverständlichen
und allgemeinen Gebrauch bringt es mit sich, daß ähnliche oder
gar gleiche Vorstellungen damit verbunden werden auch in Ge-
bieten und Zeiten, wo an Übertragung und Zusammenhang schwer-
lich gedacht werden kann.
Wie geläufig unserm Denken die Vorstellung von bedeutsamen
Messerbräuchen ist, davon gibt es keinen anschaulicheren Beweis