Einführung
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tung des Cusaners, den Kymeus aufzeigt und der sein Verhalten
zu ihm bestimmt, ist damals hin und wieder bemerkt worden.
Schon daß ein Deutscher Kardinal geworden war, schien ein der-
artiges Wunder -— viel seltener als ein weißer Rabe, wie man sich
ausdrückte1 -—, daß man aus rückwärtiger Schau meinte, Nikolaus
sei gerade durch die Verleihung der Kardinalswürde umgestimmt
und der gerechten Sache entfremdet worden. Man schied daher den
frühen Nikolaus, den „evangelischen“ Bekämpfer päpstlicher
Überheblichkeit und Verfechter der Rechte des Konzils von dem
späten, dem kirchlichen Würdenträger, der, schließlich durch den
Kardinalshut bestochen, sich voll Heuchelei zum Streiter gegen die
Deutschen und gegen die „evangelische“ Lehre der Hussiten habe
brauchen lassen. Ähnlich hat man zur gleichen Zeit Aeneas Syl-
vius Piccolomini verstanden, wie dies auch in den Ausführungen
des Kymeus durchleuchtet2.
Wie Kymeus das cusanische Werk benutzt, erklärt er selbst
gemäß seinem Leitsatz, daß die Wahrheit über den Menschen stehe,
ausführlich: Derhalben sag ich, wo des Bapsts Cardinal mit ans die
warheit bekennet, wollen wir im zulassen, wo er aber ad impiissimas
traditiones coniurirt, .... wollen wir in jaren lassen and nicht ansehen,
wie gelert oder from er gewessen ist, wie er dann von Jacobo Stapulen-
[si] vnd Johanne Andrej [dei Bussi] vnd vielen andern höchlich
gelobt wird vnd sonderlich auch von vns grossen lob haben sol seines
hohen vnd Christlichen erkentnis halben, sein leben sey gleich gewesen,
wie es wil3. Vor allem geht es ihm darum, mit dem Urteil des päpst-
lichen Kardinals die Papstanhänger mundtot zu machen: ob vil-
leicht vnsere feindei die vns armen verachten, iren eigen Herculem
hören vnd nicht so sicher auff irem lichten beharren, sondern der war-
heit rawm geben werden4.
Von einer solchen Benutzungsart, die sich nur bemüht, das
Taugliche und das als geistig verwandt Brauchbare herauszusuchen,
um es als Zeugnis auszubeuten für das Eigene, das längst unver-
rückbar feststelit und das es nur zu verteidigen gilt, von einer solchen
Art der Benutzung wird man kein besonderes Eindringen in die
geistige Welt des Cusaners erwarten können.
1 Nicolaus de Cusa Cardinalis Teutonicus (quod tum fuit monstrum corvo
rarius albo) . . . Paraleipomena, S. 430.
2 Siehe u. S. 52; 57; vgl. dazu Paraleipomena, S. 411.
3 Siehe u. S. 74 f.
4 Siehe u. S. 28; vgl. auch S. 66.
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1940 41. 6. Abh.
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tung des Cusaners, den Kymeus aufzeigt und der sein Verhalten
zu ihm bestimmt, ist damals hin und wieder bemerkt worden.
Schon daß ein Deutscher Kardinal geworden war, schien ein der-
artiges Wunder -— viel seltener als ein weißer Rabe, wie man sich
ausdrückte1 -—, daß man aus rückwärtiger Schau meinte, Nikolaus
sei gerade durch die Verleihung der Kardinalswürde umgestimmt
und der gerechten Sache entfremdet worden. Man schied daher den
frühen Nikolaus, den „evangelischen“ Bekämpfer päpstlicher
Überheblichkeit und Verfechter der Rechte des Konzils von dem
späten, dem kirchlichen Würdenträger, der, schließlich durch den
Kardinalshut bestochen, sich voll Heuchelei zum Streiter gegen die
Deutschen und gegen die „evangelische“ Lehre der Hussiten habe
brauchen lassen. Ähnlich hat man zur gleichen Zeit Aeneas Syl-
vius Piccolomini verstanden, wie dies auch in den Ausführungen
des Kymeus durchleuchtet2.
Wie Kymeus das cusanische Werk benutzt, erklärt er selbst
gemäß seinem Leitsatz, daß die Wahrheit über den Menschen stehe,
ausführlich: Derhalben sag ich, wo des Bapsts Cardinal mit ans die
warheit bekennet, wollen wir im zulassen, wo er aber ad impiissimas
traditiones coniurirt, .... wollen wir in jaren lassen and nicht ansehen,
wie gelert oder from er gewessen ist, wie er dann von Jacobo Stapulen-
[si] vnd Johanne Andrej [dei Bussi] vnd vielen andern höchlich
gelobt wird vnd sonderlich auch von vns grossen lob haben sol seines
hohen vnd Christlichen erkentnis halben, sein leben sey gleich gewesen,
wie es wil3. Vor allem geht es ihm darum, mit dem Urteil des päpst-
lichen Kardinals die Papstanhänger mundtot zu machen: ob vil-
leicht vnsere feindei die vns armen verachten, iren eigen Herculem
hören vnd nicht so sicher auff irem lichten beharren, sondern der war-
heit rawm geben werden4.
Von einer solchen Benutzungsart, die sich nur bemüht, das
Taugliche und das als geistig verwandt Brauchbare herauszusuchen,
um es als Zeugnis auszubeuten für das Eigene, das längst unver-
rückbar feststelit und das es nur zu verteidigen gilt, von einer solchen
Art der Benutzung wird man kein besonderes Eindringen in die
geistige Welt des Cusaners erwarten können.
1 Nicolaus de Cusa Cardinalis Teutonicus (quod tum fuit monstrum corvo
rarius albo) . . . Paraleipomena, S. 430.
2 Siehe u. S. 52; 57; vgl. dazu Paraleipomena, S. 411.
3 Siehe u. S. 74 f.
4 Siehe u. S. 28; vgl. auch S. 66.
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1940 41. 6. Abh.