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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 2. Abhandlung): Rom und die Christen im ersten Jahrhundert — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42027#0021
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Rom und die Christen im ersten Jahrhundert

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Mißhandlungen erlitten; im Wettlauf des Glaubens kamen sie
sicher ans Ziel und empfingen einen herrlichen Ehrenpreis — sie,
die doch schwachen Körpers waren!“ (6, 1. 2).
Ganz deutlich ist auf den ersten Blick, daß das Leitthema des
,,bösen Eifers“ in dieser Märtyrer-Darstellung eine sehr geringe
Rolle spielt. Seine beständige Betonung wirkt mehr wie ein Po-
stulat: irgendeine schändliche Mißgunst wird schon beteiligt sein
bei diesen Martyrien; das ist ja gewöhnlich so. Wenn man heraus-
gelesen hat, daß die Verhaftungen unter Nero auf jüdischen Denun-
ziationen beruhen, so ist mindestens zu bezweifeln, daß der Verf.
das hat sagen wollen. Er hat offenbar nur eine Gelegenheit ge-
sucht, bei dem Thema ,,böser Eifer“ auch auf die christlichen Mär-
tyrer zu kommen. Er hat zu diesem Zweck den ihm überlieferten
Katalog alttestamentlicher Beispiele bösen Eifers mit christlichen
Beispielen erweitert, und es wirkt sehr unvermittelt, fast ein wenig
komisch, wenn er nach diesem Preis der christlichen Bekenner nun
die sehr allgemeinen und matten Schlußbeispiele seines Katalogs
bringt und fortfährt: ,,Böser Eifer hat Ehefrauen ihren Männern
entfremdet . . . ., böser Eifer und Streit hat große Städte zerstört
und große Völker ausgerottet“ (6, 3. 4).
Was er aber an den Märtyrern wirklich hervorheben will, ist
die Vorbildlichkeit ihrer Ausdauer. Jeder ist wie Paulus ein υπο-
γραμμός υπομονής. Und damit erklingt ein völlig neuer Ton in der
Behandlung christlicher Konflikte mit dem Staat. Klemens redet
von den Leiden seiner Glanbensbrüder nicht in stolzer Entrüstung
und trotzigem Bekennermut. Er redet auch nicht in ergebener
Geduld davon, die das Leiden als Vorzeichen des Endes beinahe
dankbar hinnimmt. Er redet vielmehr, wie es der Anfang seines
Briefes schon vermuten ließ, auch über diese Verfolgung als Moral-
philosoph.
Die Apostel gelten ihm als „Athleten“, die „bis zum Tode
gekämpft haben“. Damit wird ein Thema angeschlagen, das zwar
der urchristlichen Literatur bisher fast fremd war1, aber im philo-
sophischen Schrifttum der Zeit weithin beliebt ist. Die Philosophen
haben frühe gegen die übertriebene Wertung athletischer Leistun-
gen ihren Protest eingelegt, und namentlich die Kyniker haben
den Spott über die Gymnasien und die Kritik an dem Athleten-
1 Man könnte höchstens daran erinnern, wie Paulus selbst sein aposto-
lisches Leben den Kämpfen in der Rennbahn gleichsetzt I. Kor. 9, 24—27;
wahrscheinlich ist auch I. Tim. 4, 8 ursprünglich gegen Athleten formuliert.
 
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