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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 3. Abhandlung): Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42028#0062
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62 G. Hölscher: Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung
liehen Welt, menschlich und rational. Gern sind es Stoffe aus der
Fremde, die behandelt werden1. Das berührt sich mit dem gleich-
zeitig erwachenden ethnologischen und geographischen Interesse.
Die Israeliten haben zwar, als ein Volk des Binnenlandes, nicht
die gleiche Gelegenheit zu Seereisen in fremde Länder gehabt, wie
Ägypter2 und Phöniker oder wie die ionischen Griechen. Immer-
hin hat sich auch bei ihnen seit Salomo für kurze Zeit ein gewisser
See- und Binnenhandel entwickelt, der manche Volksgenossen in
fremde Länder geführt haben wird3. Man begreift, daß damals das
Interesse an Erkundung fremder Völker und Länder — was die
Griechen „Historie“ nannten —- in Israel lebendig wurde. Zeugnis
davon geben schon die von J in die Sage eingefügten Stamm-
bäume fremder Völker4. Im Rahmen der Josefgeschichte wird er-
zählt, wie es dazu kam, daß die Ägypter und ihr Grundbesitz
Eigentum des Pharao wurden5, und mehrfach nimmt J Gelegen-
heit, Eigentümlichkeiten ägyptischer Sitte hervorzuheben6. Das
gleiche Interesse an fremden Bräuchen zeigt seine Darstellung auch
weiterhin, wenn er von dem Hüpfen der Priester zu Asdod über
die Schwelle des Dagontempels 1. Sa 5s oder von dem goldenen
Schmuck der Midianiter Jud 824-27 berichtet. Er weiß vom Aus-
sehen des Manna Ex I614 31, den honigartigen Ausschwitzungen der
Tamarisken in der Wüste, die in Form kleiner Kügelchen an den
1 Vgl. die Josefgeschichte, die ihrer Art nach echt novellenhaft ist.
2 Vgl. dazu die Reiseabenteuer des Sinuhe in Palästina, den Bericht
des Wen-Amon über seine Reise nach Phönikien (bei Gressmann, Texte und
Bilder) und F. Chabas, Voyage d’un Egyptien etc. au XIVme siede 1866.
3 Salomos Ofirfahrten von Elat am Roten Meer 1. Regl0llf. und Joscha-
fats neuer Versuch 1. Reg 2249. Deshalb auch vor allem das Interesse Judas
am Besitze des Edomiterlandes. Über Salomos Import und Transithandel von
Pferden und Wagen berichtet 1. Reg 1028f.
4 Gen 3610_14 2o—28 (dazu die edomitische Königsliste 3631_39), 25j_4
2220—24-
5 Gen 473_26.
6 In Gen 4145 werden echt ägyptische Namen genannt: Josef heißt
Safnat Pa‘neach, seine Frau ist Asenat, die Tochter des Potifera‘, des Prie-
sters von On. Gen 445 15 erwähnt Becherwahrsagung, die auch sonst aus dem
Altertum bezeugt ist; aus dem alten Ägypten fehlt es an Nachrichten dar-
über, vgl. jedoch aus neuerer Zeit Norden, Reise, deutsch von Steffens,
S. 423 (bei Dillmann, Genesis, 18926). Die Sitte des Balsamierens wird Gen
502f. 26 erwähnt. Von der rituellen Ängstlichkeit der Ägypter ist Gen 4332
4634 Ex 822 die Rede. Auch die Beschreibung des Nillandes bei J verrät ein
gewisses Lokalkolorit, zeigt allerdings auch, daß der Verfasser nicht aus eigener
Anschauung schreibt (s. u.).
 
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