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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 3. Abhandlung): Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42028#0064
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64 G. Hölscher: Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung
rung kann also nur von Osten her über den Jordan erfolgt sein.
Zur Zeit Menephtahs um 1220 wohnt dies Israel bereits im Lande;
seine Einwanderung muß in die Zeit vor Sethi I. und Ramses II.,
d. h. spätestens in das 15. Jahrhundert fallen. Das Vordringen
Judas dagegen in sein Gebiet kann nur von Süden aus geschehen
sein. Dieser judäische Stamm aber steht in nächster genealogischer
Verbindung mit den übrigen Stämmen Südpalästinas: Ivenaz (Ka-
leb, ‘Otniel), Jerachme’el, Kain, ‘Amalek, Simeon, Levi, Edom.
Alle diese Stämme bilden ethnologisch eine Einheit, während sie
genealogisch zu Israel keine Beziehungen haben1. Der führende
Stamm ist Edom, der auch zuerst zu einer staatlichen Organi-
sation gelangt ist. Was die Sage von einer Entstehung des Gesamt-
volkes als Nachkommen Jakobs in Ägypten, von der gemeinsamen
Wanderung um das Tote Meer bis in das Ostjordanland und vom
Übergang über den Jordan erzählt, ist Konstruktion des Sagen-
erzählers.
Der Kern, um den sich die Darstellung der Mosezeit bei J
kristallisiert, sind zwei Überlieferungen letztlich historischer Art,
die von dem Aufenthalt der Vorfahren in Ägypten und die von
dem Priester Mose zu Kadesch.
Die Vorstellung vom Aufenthalt der Vorfahren in Ägypten
kann nicht als Historisierung eines Mythus verstanden werden,
sondern muß auf Tradition zurückgehen. Diese kann, da es sich
nicht um das spätere Gesamtisrael handeln kann2, nur Tradition
der Südstämme sein. Der Ursprung dieser Tradition ist auf Grund
ägyptischer Nachrichten zu begreifen. Nach Papyrus Anastasi VI,
4, 14 erhielten Beduinen vom Lande Edom (Aduma) unter Pharao
Menephtah um 1220 Eintritt in das Weideland von Sukkot (Thuku)
und Pitliom, also in das Gebiet von Goschen, in dem nach der Sage
die Israeliten angesiedelt waren. Jene Edomiter saßen damals noch
nicht in ihren späteren Wohnsitzen im Gebirge Se‘ir, dessen Be-
wohner nach Papyrus Harris noch unter Ramses IIP um 1080 die
Se‘irer sind, also dieselben, die die hebräische Überlieferung als
voredomitische Bevölkerung daselbst kennt. Schon seit der Mitte
1 Einzelne edomitische Geschlechter sind bis in das Gebirge Juda vor-
gedrungen; so Zweige von Kenaz (vgl. Gen 3610_14) bis Hebron (Kaleb) und
Debir (‘Otniel). Teile der edomitischen Zarchiten sind in Juda aufgegangen:
Zerach ist eins der großen judäischen Geschlechter Gen 3 830. Ebenso erschei-
nen später die ursprünglich edomitischen Korchiter (vgl. Gen 3610_14) in Juda.
2 Die Josefsage als Erinnerung an einen Aufenthalt der Josefstämme
in Ägypten zu deuten, verkennt die Art dieser Erzählung.
 
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