104 G. Hölscher: Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung
sich die Stämme zur gemeinsamen Festfeier, und dort besteht ein
„Bund“, ein Gottesfriede zwischen den Stämmen. Aber das eigent-
liche Band der Gemeinschaft ist nicht die Beligion, sondern der
Stamm; Grenze und Quelle von Becht und Moral bleibt der
Stamm. Nur soweit diese Normen durch Stammessitte und Tra-
dition ungeschützt sind, tritt die göttliche Macht ins Mittel, als
Bächerin ungesühnten Blutes oder Eidbruches, als Schützerin ver-
letzten Gastrechtes. Im übrigen ist die Beligion ohne tieferen Ein-
fluß auf das Leben. Die Gottheit bleibt die unheimliche Macht, die
überall in das Menschenleben eingreift, schreckend, Unheil bringend
und dann durch Zauber und Opfer versöhnt, auch gelegentlich
durch Vorzeichen, Träume und Orakel warnend und ratend, aber
immer willkürlich handelnd.
Diesen Zug des Unheimlichen und Unberechenbaren behält
Jahve auch noch bei J. Sein Wille steht wie das unbekannte und
unbeeinflußbare Verhängnis über dem Schicksal des einzelnen. Als
David auf der Flucht vor Absalom ist, schickt er die Priester mit
der Lade zurück und spricht: „Wird Jahve mir günstig sein, so
wird er mich zurückführen und mich ihn und seine Wohnung
schauen lassen; ist aber sein Gedanke: ich habe kein Gefallen an
dir, so tue er mit mir, wie es ihn gut dünkt“ 2. Sam 1525f. Als
SchinTi David verflucht und Abischai ihm das Haupt abschlagen
will, spricht David: „Laßt ihn, er mag fluchen, denn Jahve hat es
ihn geheißen. Vielleicht wird Jahve mein Elend ansehen und mir
wieder Glück geben statt des Lluches, der heute mich trifft“ 2. Sam
16i if. Der einzelne ist auf seine eigene Energie angewiesen. Joab
ermuntert im ‘Ammoniterkriege seinen Bruder: „Sei mutig und laß
uns mutig auftreten für unser Volk und die Städte unseres Gottes;
Jahve aber tue, wie es ihn gut dünkt“ 2. Sam IO12. Selbst dem
Mutigen bleibt nur ein „Vielleicht wird Jahve mit uns streiten“
1. Sam 146. David bringt als Flüchtling vor Saul seine Eltern in
Sicherheit, bis er weiß, was Gott mit ihm tun wird 1. Sam 223.
Jeder Zufall kommt „von Jahve“ Gen 24soa Jud 144; er läßt dem
Esau Wildpret begegnen Gen 2720, läßt den Knecht Abrahams die
Braut für Isaak am Brunnen treffen Gen 2432. Wenn Josefs Brüder
ihr Geld im Sack wiederfinden, so hat es die Gottheit hineingelegt
Gen 4343. Plötzlich und unbegreiflich entbrennt Jahves Zorn; dann
mag er David zur Zählung des Volkes anreizen, um dies unbeson-
nene Tun sofort durch schreckliche Pest zu bestrafen 2. Sam 24i.
Ein „böser Geist von Jahve“ treibt Saul zur Verfolgung Davids,
sich die Stämme zur gemeinsamen Festfeier, und dort besteht ein
„Bund“, ein Gottesfriede zwischen den Stämmen. Aber das eigent-
liche Band der Gemeinschaft ist nicht die Beligion, sondern der
Stamm; Grenze und Quelle von Becht und Moral bleibt der
Stamm. Nur soweit diese Normen durch Stammessitte und Tra-
dition ungeschützt sind, tritt die göttliche Macht ins Mittel, als
Bächerin ungesühnten Blutes oder Eidbruches, als Schützerin ver-
letzten Gastrechtes. Im übrigen ist die Beligion ohne tieferen Ein-
fluß auf das Leben. Die Gottheit bleibt die unheimliche Macht, die
überall in das Menschenleben eingreift, schreckend, Unheil bringend
und dann durch Zauber und Opfer versöhnt, auch gelegentlich
durch Vorzeichen, Träume und Orakel warnend und ratend, aber
immer willkürlich handelnd.
Diesen Zug des Unheimlichen und Unberechenbaren behält
Jahve auch noch bei J. Sein Wille steht wie das unbekannte und
unbeeinflußbare Verhängnis über dem Schicksal des einzelnen. Als
David auf der Flucht vor Absalom ist, schickt er die Priester mit
der Lade zurück und spricht: „Wird Jahve mir günstig sein, so
wird er mich zurückführen und mich ihn und seine Wohnung
schauen lassen; ist aber sein Gedanke: ich habe kein Gefallen an
dir, so tue er mit mir, wie es ihn gut dünkt“ 2. Sam 1525f. Als
SchinTi David verflucht und Abischai ihm das Haupt abschlagen
will, spricht David: „Laßt ihn, er mag fluchen, denn Jahve hat es
ihn geheißen. Vielleicht wird Jahve mein Elend ansehen und mir
wieder Glück geben statt des Lluches, der heute mich trifft“ 2. Sam
16i if. Der einzelne ist auf seine eigene Energie angewiesen. Joab
ermuntert im ‘Ammoniterkriege seinen Bruder: „Sei mutig und laß
uns mutig auftreten für unser Volk und die Städte unseres Gottes;
Jahve aber tue, wie es ihn gut dünkt“ 2. Sam IO12. Selbst dem
Mutigen bleibt nur ein „Vielleicht wird Jahve mit uns streiten“
1. Sam 146. David bringt als Flüchtling vor Saul seine Eltern in
Sicherheit, bis er weiß, was Gott mit ihm tun wird 1. Sam 223.
Jeder Zufall kommt „von Jahve“ Gen 24soa Jud 144; er läßt dem
Esau Wildpret begegnen Gen 2720, läßt den Knecht Abrahams die
Braut für Isaak am Brunnen treffen Gen 2432. Wenn Josefs Brüder
ihr Geld im Sack wiederfinden, so hat es die Gottheit hineingelegt
Gen 4343. Plötzlich und unbegreiflich entbrennt Jahves Zorn; dann
mag er David zur Zählung des Volkes anreizen, um dies unbeson-
nene Tun sofort durch schreckliche Pest zu bestrafen 2. Sam 24i.
Ein „böser Geist von Jahve“ treibt Saul zur Verfolgung Davids,