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Kolbe, Walther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1942/43, 1. Abhandlung): Die ätolischen Soterien und die attische Archontenforschung — Heidelberg, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.42031#0045
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Die ätolischen Soterien und die attische Archontenforschung

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wichtige Folgerung gegeben, daß die zweimalige Besetzung des
Priestertums nicht auf eine Einwirkung des Gonatas zurückgeht,
denn das Jahr 264/3 kommt unter keinen Umständen für die Kapi-
tulation in Frage. Wie sollte auch eine Absetzung auf Befehl
des Königs bei einem so untergeordneten Posten, wie es der des Askle-
piospriesters ist, verständlich sein? Es bedarf in diesem Fall nicht
erst des politischen Moments. Es geht gar nicht um eine Absetzung.
Vielmehr liegt eine alltägliche Erscheinung vor: der Inhaber des
Priestertums ist im Laufe des Jahres gestorben, und bei der Nach-
wahl ist der suffectus aus der gleichen Phyle genommen. In der
Liste der Serapispriester, die Ferguson in den Priests S. 136 ab-
gedruckt hat, finden wir diesen Vorgang innerhalb eines Menschen-
alters nicht weniger als dreimal. Die Berechtigung dieses von mir
1908 vorgebrachten Einwands hat auch Beloch Gr. Gesell. IV 2
60f. anerkannt. Das Jahr 263/2 hat somit für die Asklepiospriester
seine besondere Bedeutung verloren.
Nun hat freilich Dow a.a. 0. 153 die Beständigkeit des Zyklus
gerühmt: für volle zwei Jahrhunderte habe Ferguson ihn ohne Stö-
rung —mitder einzigen Ausnahme der beiden Priester ausPhyleXII
— durchführen können; darin liege der Beweis, daß wir an ihm ein
Material von überragender Zuverlässigkeit besitzen. Auf dem Papier
nimmt sich in der Tat diese Zuverlässigkeit sehr großartig aus. Aber
wie steht es in Wirklichkeit ? „The evidence is not complete“, ge-
steht Dow selbst. Daß in der Zeit von 321—308/7 eine Abweichung
vom Phylengesetz zu beobachten ist, mag hingehen, weil damals
in Athen fast dauernd ein undemokratisches Begiment herrschte.
Schlimmer ist, daß die beiden Fälle, wo wir im dritten Jahrhundert
das Archontenjahr eines Priesters kennen, die urkundlich bestimmte
Phyle nicht zu der Forderung des Zyklus stimmen will. In Isaios’
Jahr haben wir die X. Phyle statt der verlangten dritten und in
Diokles’ III. Jahr die VII. oder XII. statt der dritten1. Allerdings
hat Ferguson aus dieser Not eine Tugend gemacht, indem er ein
neues Gesetz erfand, — das Gesetz von der „alloted order“. Aber
auch diese letzte Auskunft versagt jetzt, nachdem wir feststellen
konnten, daß die Doppelbesetzung aus Phyle XII bereits dem Jahr
264/3 gehört. Dadurch verschiebt sich natürlich Fergusons Reihe
um einen Platz, mit dem Erfolg, daß das Jahr 277/6 einen Priester
aus Phyle XI erhält und aus der Zeit der „freien Ordnung“ aus-
1 Dies ist die Folge davon, daß die Gleichung 221/0 = Phyle I des Schrei-
bers zum Angelpunkt der Archontenliste geworden ist.
 
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