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Kolbe, Walther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1942/43, 1. Abhandlung): Die ätolischen Soterien und die attische Archontenforschung — Heidelberg, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.42031#0046
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Walther Kolbe:

scheidet. Demnach ist von einem ,,Zwölfjahrzyklus“ der freien
Ordnung nicht mehr die Rede, da dafür nur noch die Jahre 288/71
bis 278/7 zur Verfügung stehen, und das Gesetz kann nicht den An-
spruch auf Glaubwürdigkeit machen.
Ferguson hatte auf die Methode, der Archontenforschung durch
die ungestörte Phylenfolge der Asklepiospriester eine wirksame
Stütze zu geben, große Hoffnungen gesetzt. Von den angeblich
gesicherten Daten der Priester her wollte er die Chronologie der
Archonten aufbauen. Diese Hoffnung muß angesichts der eben auf-
gedeckten Tatbestände aufgegeben werden. Denn das Verhältnis
der beiden Faktoren zueinander hat sich von Grund aus umgekehrt:
erst von der Archontenliste her gelangen wir, wie das Beispiel Pei-
thidemos — Lysikles zeigt, zu genauen Daten für die Asklepios-
priester. Die volle Unfruchtbarkeit dieser Methode kann und darf
nicht länger verkannt werden2. Es ist Zeit, die dadurch angerichtete
Verwirrung unschädlich zu machen.
Von den Beweisgründen Fergusons für die besondere Bedeu-
tung des Jahres 263/2 ist nur noch die Behauptung übrig, daß Athen
in diesem Jahre kapituliert habe. Philodem Περί στοίχων pap. Here.
339 col. III hat uns dafür das Archontendatum [επ’ Αντιπάτρου
του προ Άρρενείδ[ου] gebracht. Da er an der gleichen Stelle unter
Berufung auf Apollodor die Nachricht von der Absetzung der Beam-
ten durch Gonatas bringt, muß man erwarten, daß das Archontat
davon betroffen wurde. Was bei dem völlig unpolitischen Asklepios-
priester abgelehnt werden muß, hat bei dem Archon eponymos, der
als Präsident des Staates noch immer eine angesehene Persönlich-
keit ist, einen guten Sinn. Wenn es überhaupt nach der Kapitula-
tion Athens eine Neubesetzung der athenischen Amtsstellen gegeben
hat, dann muß sie an dieser Stelle nachzuweisen sein. Daran zwei-
felt auch Ferguson nicht (Hell. Athens 182), nur ist er der Meinung,
der im Amt befindliche Archon sei, „um chronologische Schwierig-
keiten zu vermeiden“, wiedergewählt oder besser wiedereingesetzt
worden. Ein solches Verfahren würde geradezu ein Hohn auf die
politische Absicht einer Erneuerung der Beamtenschaft gewesen
sein. Es bleibt daher der Zwang bestehen, für das Jahr der Kapitu-
1 Das Datum Fergusons für Diokles ist beibehalten. Aber ich möchte
nicht dahin verstanden werden, daß diesem Archon wirklich das Jahr 288/7
gehört, s. unten S. 49.
2 Ist es ein Zufall, daß in Meritts Aufsatz in der Hesperia 1938 von den
Asklepiospriestern mit keinem Worte mehr die Rede ist? Wenn dem nicht so
ist, würde ich mich sehr freuen.
 
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