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Kolbe, Walther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1942/43, 1. Abhandlung): Die ätolischen Soterien und die attische Archontenforschung — Heidelberg, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.42031#0069
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Die ätolischen Soterien und die attische Archontenforschung 61
Eine ähnlich unbequeme Lage entsteht in der delphischen Epi-
graphik. Unter dem Archon Kraton ist der Athener Kybernis, Sohn
des Kydias, aus Halimus von den Delphern mit der Promantie aus-
gezeichnet, F. d. D. III 2, n. 159 = Syll.3 403. Wenn man annimmt,
daß diese Ehrung unter dem frischen Eindruck der eben überstan-
denen Kriegsnot beschlossen ist, so ist kaum zu bezweifeln, daß sie
zugleich dem Vater des für Delphi gefallenen jungen Helden Kydias
galt und vielleicht auch dem Befürworter des athenischen Soterien-
dekrets1. Alles schließt sich hierbei auf eine einfache und mensch-
lich wohltuende Weise zusammen. Natürlich muß dann auch der
delphische Archon Kraton in die 70er Jahre gesetzt werden, wo
reichlich Platz vorhanden ist. Aber jede Beziehung ist gestört, so-
bald man sich zur Spätdatierung des Polyeuktos entschließt. Das
Moment der menschlichen Teilnahme fällt völlig hinweg. Aber auch
bei dem Archon Kraton ergeben sich Schwierigkeiten. Es ist wohl
zu verstehen, daß er zum Sorgenkind der Betreuer der delphischen
Inschriften geworden ist. Flaceliere hat ihn zuletzt in seinen
fAitoliens’ 461 ins Jahr 251/0 ? gesetzt2. Da er sich im gleichen Werk
hinsichtlich der Soterienstiftung für den Bobert-Ferguson’sehen
Synchronismus 243/2 entscheidet, wird bei der Verleihung der Pro-
mantie an Kybernis nicht nur jede Verbindung mit dem Sieg über
die Kelten durchschnitten, sondern auch auf jede Beziehung zum
Beschluß über die Anerkennung des Siegesfestes verzichtet.
Auf dem Gebiet der attischen Inschriften knüpfen sich die Be-
denken wieder an die Person des Antragstellers des Soterien-
dekrets IG. II2 680. Bei der Frühdatierung ist alles klar und ein-
fach, und so haben Kumanudis, Koehler und Kirchner, um nur
diese drei hervorzuheben, nicht gezögert, ihn als den Vater des im
Barbarenkampf gebliebenen Kydias II anzusehen. Es entspricht
feinem Empfinden, wenn gerade er den Bundesgenossen jener glanz-
vollen Tage bei der Bitte um Anerkennung ihres Siegesfestes seine
Hilfe leiht. Das ließ sich nicht aufrechterhalten, wenn Polyeuktos
um zwei oder drei Jahrzehnte herabgerückt wurde. Beloch fand
den Ausweg, den Antragsteller zum Bruder des Gefallenen zu ma-
chen. Ein unbefriedigender Vorschlag, auch wenn Kirchner im
Gnomon a. a. 0. ihn zuletzt für möglich erklärt hat. Dinsmoor hat
vorgezogen, in ihm den Sohn des Delphikämpfers zu sehen. Allein
das ist nun wirklich ein Notbehelf. Ihm kann kein langes Leben

1 Vgl. Pomtow GGA, 1913, 159 und 180.
2 Das Fragezeichen hat Flaceliere selbst gesetzt.
 
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