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Johannes Hoops:
III. Die orientalische Heimat der Ölbaumkultur.
Die Kultur des Ölbaums (Olea europaea var. sativa DG.)
reicht sicher bis ins dritte vorchristliche Jahrtausend zurück, wenn
nicht noch weiter. Nach dem, was wir über die Verbreitung des
veredelten und des wilden Ölbaums kennen lernten, kann es wohl
nicht zweifelhaft sein, daß wir die Heimat der Ölbaumkultur
irgendwo im Umkreis des Mittelmeers zu suchen haben. Das
Schwergewicht der Olivenzucht liegt heute im Westen des Mittel-
meerbeckens: auf der Pyrenäenhalbinsel, in Marokko, Algerien,
Tunesien, Südfrankreich und Italien. Aber was wir über die Ur-
sitze der Mittelmeerkultur im allgemeinen und über die Ausbrei-
tung der Olivenzucht in historischen Zeiten wissen, deutet doch
darauf hin, daß als Heimat der Ölbaumkultur nicht der Westen,
sondern nur der Osten des Mittelmeergebiets in Betracht kommen
kann.
1. Der semitische Name des Ölbaums.
Für die weitere Untersuchung dieser Frage ist die Tatsache
von Bedeutung, daß von den Sprachen des nahen Orients nur die
semitischen in dem Worte zait einen alteinheimischen
Namen für den Ölbaum haben, der von den Nachbarsprachen
übernommen wurde. Er ist ursprünglich im Kanaanäischen
und Aramäischen zu Hause und erscheint im Hebräischen als
zaiit (nach Aussprache der Punktatoren1), im Syrischen als zait.ä
(mit der Endung -ä des Status emphaticus); beide bezeichnen so-
wohl den Ölbaum als auch dessen Frucht, die Olive. — Im Ara-
bischen ist zait Lehnwort aus dem Kanaanäischen oder Ara-
mäischen2; es bedeutet hier ΌΓ (Olivenöl), während das davon ab-
geleitete zaitün die Bedeutung 'Ölbaum’, Olive’ übernommen hat.
— VonArabienaus kam das Wort zait weiter ins Äthiopische,
wo es 'Ölbaum’, Olive’ und '0Γ bedeutet3.
Das kanaanäiscli-aramäische Wort zait drang auch
ins Ägyptische ein, wo es mit dem Konsonantenbestand dt und
der Bedeutung 'Ölbaum’ und 'Frucht des Ölbaums, Olive’4 zuerst
1 Gesenius-Buhl, Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über
das Alte Testament. 16. Aufl. 1915. Gustaf Dalman, Arbeit u. Sitte in Palä-
stina IY 162. 166.
2 Gesenius-Buhl, a.a.O.
3 A. Dillmann, Chrestomathia Aethiopica, S. 260. 1866.
4 Erman u. Grapow, Wörterbuch d. ägyptischen Sprache V 618 (1931).
Johannes Hoops:
III. Die orientalische Heimat der Ölbaumkultur.
Die Kultur des Ölbaums (Olea europaea var. sativa DG.)
reicht sicher bis ins dritte vorchristliche Jahrtausend zurück, wenn
nicht noch weiter. Nach dem, was wir über die Verbreitung des
veredelten und des wilden Ölbaums kennen lernten, kann es wohl
nicht zweifelhaft sein, daß wir die Heimat der Ölbaumkultur
irgendwo im Umkreis des Mittelmeers zu suchen haben. Das
Schwergewicht der Olivenzucht liegt heute im Westen des Mittel-
meerbeckens: auf der Pyrenäenhalbinsel, in Marokko, Algerien,
Tunesien, Südfrankreich und Italien. Aber was wir über die Ur-
sitze der Mittelmeerkultur im allgemeinen und über die Ausbrei-
tung der Olivenzucht in historischen Zeiten wissen, deutet doch
darauf hin, daß als Heimat der Ölbaumkultur nicht der Westen,
sondern nur der Osten des Mittelmeergebiets in Betracht kommen
kann.
1. Der semitische Name des Ölbaums.
Für die weitere Untersuchung dieser Frage ist die Tatsache
von Bedeutung, daß von den Sprachen des nahen Orients nur die
semitischen in dem Worte zait einen alteinheimischen
Namen für den Ölbaum haben, der von den Nachbarsprachen
übernommen wurde. Er ist ursprünglich im Kanaanäischen
und Aramäischen zu Hause und erscheint im Hebräischen als
zaiit (nach Aussprache der Punktatoren1), im Syrischen als zait.ä
(mit der Endung -ä des Status emphaticus); beide bezeichnen so-
wohl den Ölbaum als auch dessen Frucht, die Olive. — Im Ara-
bischen ist zait Lehnwort aus dem Kanaanäischen oder Ara-
mäischen2; es bedeutet hier ΌΓ (Olivenöl), während das davon ab-
geleitete zaitün die Bedeutung 'Ölbaum’, Olive’ übernommen hat.
— VonArabienaus kam das Wort zait weiter ins Äthiopische,
wo es 'Ölbaum’, Olive’ und '0Γ bedeutet3.
Das kanaanäiscli-aramäische Wort zait drang auch
ins Ägyptische ein, wo es mit dem Konsonantenbestand dt und
der Bedeutung 'Ölbaum’ und 'Frucht des Ölbaums, Olive’4 zuerst
1 Gesenius-Buhl, Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über
das Alte Testament. 16. Aufl. 1915. Gustaf Dalman, Arbeit u. Sitte in Palä-
stina IY 162. 166.
2 Gesenius-Buhl, a.a.O.
3 A. Dillmann, Chrestomathia Aethiopica, S. 260. 1866.
4 Erman u. Grapow, Wörterbuch d. ägyptischen Sprache V 618 (1931).