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Hoops, Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1942/43, 3. Abhandlung): Geschichte des Ölbaums: vorgelegt am 20. Juni 1943 — Heidelberg, 1944

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https://doi.org/10.11588/diglit.42033#0085
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VIII. Das Öl im bürgerlichen Leben Nordeuropas im Mittelalter 85
Jahre später in der auf die gleiche Örtlichkeit bezüglichen Urkunde
von 956 als Baum bezeichnet, muß also noch stattlich gewesen sein.
Die Langlebigkeit ist ja eine Haupteigenschaft des Ölbaums (s.
oben S. 9). Der alte Ölbaum der Urkunde von 931 und der Öl-
baumstumpf der Urkunde von 949 können also schon sehr alt ge-
wesen sein, und es ist vielleicht nicht ausgeschlossen, daß sie schon
von römischen Kolonisten in vorchristlicher Zeit gepflanzt waren.
Auf jeden Fall aber dürfen wir es nach dem Gesagten als fest-
stehende Tatsache bezeichnen, daß in Britannien, entweder schon
von den Römern oder aber von christlichen Mönchen, Versuche
mit der Anpflanzung von Ölbäumen gemacht wurden. Daß diese
Versuche auf die Dauer an den klimatischen Bedingungen des
Landes scheiterten, ist freilich nicht zu leugnen. Ich habe auch nie
behauptet, daß in Altengland Oliven geerntet worden seien. Die
christliche Kirche blieb darum für ihre rituellen Bedürfnisse auf
die Einführung von Öl aus den Mittelmeerländern ange-
wiesen. In ZElfrics Colloqium aus dem ersten Viertel des 11. Jahr-
hunderts nennt der Kaufmann unter den Artikeln, die er über See
einführt: ,,pigmenta, vinum et oleum“, in der altenglischen Über-
tragung: wyrtgemangc, win and eie 'Gewürz, Wein und Öl’1.

YIII. Das Öl im bürgerlichen Leben Nordeuropas
im Mittelalter.
1. Olivenöl.
Die Frage ist nun, ob das Olivenöl im Mittelalter in christ-
licher Zeit auch für das bürgerliche Leben der nordeuropäischen
Völker eine Rolle spielte. Da es aus den Mittelmeerländern einge-
führt werden mußte, wurde es durch die Transportkosten ein teurer
Artikel, der zwar für die rituellen Bedürfnisse der Kirche und für
Arzneien unentbehrlich war, den sich im übrigen aber wohl nur die
Wohlhabenden leisten konnten; an eine ausgedehnte Verwen-
dung des Olivenöls im bürgerlichen Leben zu Speisezwecken,
für die Haar- und Körperpflege oder gar als Brennstoff war des-
halb im Mittelalter nicht zu denken.
Als Speisefett kam das Olivenöl bei den germanischen Völ-
kern im Mittelalter überhaupt nicht in Betracht. Die Rolle, die bei
den Südvölkern das Öl als Speisefett spielte, vertrat bei den Ger-
1 ^Elfrics Colloquy, ed. by G. N. Garmonsway, London 1939, S. 33,
Z. 160f.
 
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