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Johannes Hoops:
Fenestella (f 35 n. Chr.) wäre zur Zeit des TarquiniusPriscus (616
bis 578) in Italien, Spanien und Afrika noch kein Ölbaum vorhan-
den gewesen: ,,01eam . . . omnino non fuisse in Italia Hispaniaque
aut Africa Tarquinio Prisco regnante . . quae nunc pervenit trans
Alpis quoque et in Gallias Hispaniasque medias“. Diese Angabe
ist wohl ähnlich zu beurteilen wie die oben (S. 58) zitierte sagen-
hafte Überlieferung bei Herodot (5, 82), daß es im 6. Jahrhundert
nirgends auf Erden Ölbäume gegeben habe außer in Athen. Viel-
leicht steht sie direkt unter dem Einfluß der Herodot-Stelle. Für
Afrika trifft Fenestellas Behauptung nach dem Gesagten schwer-
lich zu. Wenn sie für Italien richtig ist, so hat der Ölbaum doch
in den griechischen Kolonien auf Sizilien jedenfalls schon im 6.
Jahrhundert eine wichtige volkswirtschaftliche Rolle gespielt; denn
von etwa 490 v. Chr. an erscheint ein Olivenblatt oder Olivenzweig als
gewöhnliches Münzsymbol auf der Rückseite der Münzen von Mes-
sana; und seit etwa 400 findet sich ein Olivenzweig auch auf Mün-
zen der griechischen. Kolonie Kroton in Süditalien1. Falls die An-
gabe des Fenestella für Mittelitalien zutrifft, so dürfte der Ölbaum
sich in Latium und bei den Römern im Lauf des 6. Jahrhunderts
eingebürgert haben. Von etwa 500 an haben wir jedenfalls Zeug-
nisse, die auf seine Einbürgerung schließen lassen2. Cato (234—149)
gibt bereits genaue Vorschriften über Auslese, Düngung und Ver-
edlung der Bäume und über die Zeit der Ernte.
Um den Beginn unsrer Zeitrechnung war Italien schon so reich
an vorzüglichem und billigem Öl, daß es darin alle andern Länder
übertraf: ,,Principatum in hoc quoque bono [oleo] obtinuit Italia
e toto orbi“, schreibt im 1. Jahrhundert n. Chr. Plinius, der dem
Ölbaum einen beträchtlichen Teil des 15. Buchs seiner Naturalis
Historia widmet. Die Olivenpflanzungen (oletum oder olivetum) wur-
den sorgfältig angelegt und gepflegt. Großartige Ölmühlen, die zum
Teil noch sehr gut erhalten sind, geben uns einen vorzüglichen Ein-
blick in den Betrieb dieser Anlagen und eine Vorstellung von der
Bedeutung der Ölbaumzucht im alten Rom3 * *. Zur Gewinnung des
1 Fischer 13. Acerbo, La marcia delV olivo 205.
2 Belege bei Hehn 6 112f., 8 113f. und bei Fischer 13.
3 Über die Olivenkultur im römischen Altertum vgl. Hugo Blümner,
Die römischen Privat alter tümer (Handbuch d. klass. Altertumswissenschaft,
hrsg. von Iwan v. Müller IV 2, 2), München 1911, S. 167, 168, 191, 196, 433,
572f. Th. Fischer, Der Ölbaum 13f. Hehn 6 * 112f., 8 113f. Rikli, Pflanzen-
kleid d. Mittelmeerländer 61. Vgl. ferner Balman, Arbeit u. Sitte in Palästina
IV 201 ff.
Johannes Hoops:
Fenestella (f 35 n. Chr.) wäre zur Zeit des TarquiniusPriscus (616
bis 578) in Italien, Spanien und Afrika noch kein Ölbaum vorhan-
den gewesen: ,,01eam . . . omnino non fuisse in Italia Hispaniaque
aut Africa Tarquinio Prisco regnante . . quae nunc pervenit trans
Alpis quoque et in Gallias Hispaniasque medias“. Diese Angabe
ist wohl ähnlich zu beurteilen wie die oben (S. 58) zitierte sagen-
hafte Überlieferung bei Herodot (5, 82), daß es im 6. Jahrhundert
nirgends auf Erden Ölbäume gegeben habe außer in Athen. Viel-
leicht steht sie direkt unter dem Einfluß der Herodot-Stelle. Für
Afrika trifft Fenestellas Behauptung nach dem Gesagten schwer-
lich zu. Wenn sie für Italien richtig ist, so hat der Ölbaum doch
in den griechischen Kolonien auf Sizilien jedenfalls schon im 6.
Jahrhundert eine wichtige volkswirtschaftliche Rolle gespielt; denn
von etwa 490 v. Chr. an erscheint ein Olivenblatt oder Olivenzweig als
gewöhnliches Münzsymbol auf der Rückseite der Münzen von Mes-
sana; und seit etwa 400 findet sich ein Olivenzweig auch auf Mün-
zen der griechischen. Kolonie Kroton in Süditalien1. Falls die An-
gabe des Fenestella für Mittelitalien zutrifft, so dürfte der Ölbaum
sich in Latium und bei den Römern im Lauf des 6. Jahrhunderts
eingebürgert haben. Von etwa 500 an haben wir jedenfalls Zeug-
nisse, die auf seine Einbürgerung schließen lassen2. Cato (234—149)
gibt bereits genaue Vorschriften über Auslese, Düngung und Ver-
edlung der Bäume und über die Zeit der Ernte.
Um den Beginn unsrer Zeitrechnung war Italien schon so reich
an vorzüglichem und billigem Öl, daß es darin alle andern Länder
übertraf: ,,Principatum in hoc quoque bono [oleo] obtinuit Italia
e toto orbi“, schreibt im 1. Jahrhundert n. Chr. Plinius, der dem
Ölbaum einen beträchtlichen Teil des 15. Buchs seiner Naturalis
Historia widmet. Die Olivenpflanzungen (oletum oder olivetum) wur-
den sorgfältig angelegt und gepflegt. Großartige Ölmühlen, die zum
Teil noch sehr gut erhalten sind, geben uns einen vorzüglichen Ein-
blick in den Betrieb dieser Anlagen und eine Vorstellung von der
Bedeutung der Ölbaumzucht im alten Rom3 * *. Zur Gewinnung des
1 Fischer 13. Acerbo, La marcia delV olivo 205.
2 Belege bei Hehn 6 112f., 8 113f. und bei Fischer 13.
3 Über die Olivenkultur im römischen Altertum vgl. Hugo Blümner,
Die römischen Privat alter tümer (Handbuch d. klass. Altertumswissenschaft,
hrsg. von Iwan v. Müller IV 2, 2), München 1911, S. 167, 168, 191, 196, 433,
572f. Th. Fischer, Der Ölbaum 13f. Hehn 6 * 112f., 8 113f. Rikli, Pflanzen-
kleid d. Mittelmeerländer 61. Vgl. ferner Balman, Arbeit u. Sitte in Palästina
IV 201 ff.