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Hoops, Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1942/43, 3. Abhandlung): Geschichte des Ölbaums: vorgelegt am 20. Juni 1943 — Heidelberg, 1944

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https://doi.org/10.11588/diglit.42033#0088
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Johannes Hoops:

2. Öl aus einheimischen Pflanzen.
Um Ersatz für das teure Olivenöl zu gewinnen, ist man im
Lauf des Mittelalters dazu übergegangen, Öl aus einheimischen
Ölpflanzen zu bereiten. Die Nachrichten darüber sind spärlich,
und es ist schwer, auf Grund der wenigen literarischen Zeugnisse
ein sicheres Urteil über das Alter und den Elmfang dieser einheimi-
schen Ölbereitung zu erlangen.
In Deutschland werden in einem Arzneibuch des 12.
Jahrhunderts1 außer dem Olivenöl, das im Mittelhochdeut-
schen Baumöl (boum-öl) hieß2 3, noch zehn andre Ölarten an-
geführt: Leinöl (mhd. linsät-öl), Dillöl (mhd. tillen-ölz): Kamillenöl
(camomüle-öl), Lorbeeröl (lör-öl), Mandelöl (mandel-öl), Myrtenöl
(.mirtel-öl), Nardenöl (nard-öl), Rosenöl (rosen-öl, ros-öl), Rautenöl
(r Uten-öl), Veilchenöl (viol-öl). Aber diese zehn Ölarten werden zum
größten Teil entweder aus südländischen Gewächsen oder aus ein-
gebürgerten Kulturpflanzen bereitet, und ihre Namen sind in dem
Arzneibuch wohl zum Teil aus Rezepten in klassischen Medizin-
büchern übernommen. Die meisten von ihnen sind auch keine
eigentlichen Ölpflanzen; sie wurden nur verwandt, um dem Öl
einen besondern Geschmack zu geben. Das ergibt sich deutlich aus
der altenglischen Benennung des Rosenöls: gerosod eie, einer Über-
setzung des lat. oleum rosatum 'mit Rosen angemachtes, duftend ge-
machtes 0Γ (vgl. die Glosse in rosatum odorem 'on gerosodne bräd’4
und oben S. 78, unten S. 91 Anm. 2). — Von größerem Interesse
ist nur die Erwähnung des Leinöls (mhd. linsät-öl), obschon auch
dieses damals wohl noch nicht so sehr im Haushalt und in der
Technik als in der Heilkunde Verwendung fand. Ivonrad von
Megenberg in seinem Buch der Natur (1350) erwähnt nur die medi-
zinischen Eigenschaften des Leinsamens5.
Das Mohnöl (mhd. mäg-öl, mögen-öl) wird zuerst im 13. Jahr-
hundert genannt6. Der Mohn (Papaoer) ist bereits von den Pfahl-
1 Müller-Zarncke, Mittelhochdeutsches Wörterbuch II 436.
2 Vgl. Konrad von Megenberg, Buch der Natur,. S. 335: „Olea oder
oliva haizt ain ölpaum . . . sein saf . . haizt oleum und haizt ze däutsch paumölP
3 Öl aus Dillkraut, Anethum graveolens L.; eine aus Südeuropa stammende
Küchenpflanze.
4 A. S. Napier, Old Engl. Glosses 3278f., Oxford 1900.
5 a. a.O. 422 „Von dem linsat“.
6 Müller-Zarncke, a.a.O. II 436. Lexer, Mittelhochd. Handwörterb.
I 2010 mäg-öl in einem bayrischen Urbar von 1240. IIeyNe, Fünf Bücher
deutscher Haus alter tümer II 71.
 
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