Metadaten

Campenhausen, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1952, 4. Abhandlung): Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab — Heidelberg, 1952

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42315#0013
Lizenz: In Copyright
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab

13

artigen Tempelerscheinung und von der Unmöglichkeit, die Un-
gläubigen dann noch wie üblich von ihr fernzuhalten, wäre ein so
außerordentliches Ereignis niemals spurlos in Vergessenheit ge-
raten, und gerade Lukas hätte es hei seiner Vorliebe für den Tem-
pel höchst wichtig und willkommen sein müssen20. Es bleibt für
diese Erscheinung also nur eine Versammlung unter freiem Himmel
irgendwo in Galiläa21, und hier hat die Angabe, was die äußeren
Umstände betrifft, auch am wenigsten Befremdliches an sich. Ga-
liläa war ja die alte Heimat Jesu, wo seine Anhängerschaft herkam
und stark war, und noch später hat es hier größere, von Jerusalem
unabhängige Gemeinden gegeben, die auch Mission trieben22.
Die Erscheinung vor fünfhundert Brüdern ist hei Paulus bereits
die dritte in der Reihe und gehört, wie gesagt, vielleicht schon nicht
mehr in das alte Kerygma hinein. Am Anfang steht die Erschei-
nung vor Petrus allein. Dies ist nach der klaren Angabe hei Paulus
nicht zu bezweifeln und paßt auch zu der überragenden Stellung,
die gerade Petrus in der urchristlichen Überlieferung zuteil wird23.
Petrus wird durch dieses Ereignis zum Felsen, auf den die Kirche
gebaut ist. Darum wird diese Petrusbegegnung auch von Lukas er-
wähnt, wie es scheint, auch hier in einer übernommenen, keryg-
matischen Formulierung. Aber sie wird seltsamerweise trotzdem
20 So läßt er Paulus — im Widerspruch zu Gal. 1, 17 ff. — tatsächlich eine Art
Sendungsvision im Tempel zuteil werden: Act. 22, 17ff.
21 Nach Mt. 28, 16 könnte man mit Dobschütz S. 33 an einen Berg als Stätte
des Ereignisses denken. Aber die weit verbreitete religiöse Vorliebe für Erscheinun-
gen und Offenbarungen auf den Bergen macht diese Nachricht doch verdächtig;
vgl. das Material bei H. Riesenfeld, Jesus transfigure (1947) 217fF. Die völlige
Ablehnung einer symbolisch-typologischen Bedeutung des Gebirges im Sinne N.
Foersters, Theol. Wörterb. z. N.T. V, 8 (1951) 494f. wird sich schwerlich halten
lassen. Was Holl S. 46f. an dieser Stelle gegen eine Lokalisierung in Galiläa und
für Jerusalem vorbringt, ist gänzlich gewichtlos. Wenn Paulus bemerkt, von den
Fünfhundert seien „viele“ noch am Leben, „einige“ freilich schon verstorben, so
setzt das in keiner Weise voraus, sie müßten sich alle an einem Ort befunden haben,
wo man sie jederzeit wieder auffinden konnte. Zu seinem Mißtrauen gegen eine so
große Jüngerschar m Galiläa s. die folgende Anmerkung. Weitere Literatur zur
Frage bespricht W.-G. KÜMMEL, Theol. Rundsch. 18 (1950) 21 ff.
22 Soviel scheint mir E. Lohmeyer in seinem sonst problematischen Buch
„Galiläa und Jerusalem“ (1936) völlig zwingend erwiesen zu haben.
23 Hierzu besonders H. Strathmann, Die Stellung des Petrus in der Urkirche,
Zeitschr. f. syst. Theol. 20 (1943) 223ff.; ferner E. Statjffer, Zur Vor- und Früh-
geschichte des Primatus Petri, Zeitschr. f. Kirchengesch. LXII (1943/44) 6ff.
und zuletzt 0. Cullmann, Petrus, Jünger — Apostel — Märtyrer. Das historische
und theologische Petrusproblem (1952) 59ff.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften