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Campenhausen, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1952, 4. Abhandlung): Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab — Heidelberg, 1952

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https://doi.org/10.11588/diglit.42315#0014
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Hans Frhr. v. Campenhausen

nicht wirklich erzählt. Vor ihre Darstellung schiebt sich die Ge-
schichte der Jünger von Emmaus24, die nicht einmal zum Zwölfer-
kreise gehörten, und denen der Auferstandene außerhalb Jerusalems
entgegentritt. Als sie mit der großen Nachricht in die Stadt zurück-
kehren, werden sie hier aber bereits mit dem Jubelrufe empfangen,
der Herr sei wahrhaftig auferstanden und Simon erschienen. Diese
auffallende Verschachtelung der Berichte, die die Hauptsache wrnhl
verkündigen, aber nicht beschreiben, hat von jeher den Verdacht
nahegelegt, Lukas müsse bestimmte Gründe gehabt haben, eine
Schilderung der Petruserscheinung zu vermeiden. Vielleicht ließ
sie sich in ihrer Besonderheit nicht vom Boden Galiläas ablösen und
widersprach damit der jerusalemischen Tendenz seiner Darstel-
lung25. Er konnte sie aber auch nicht einfach fortlassen; denn sie
war grundlegend und gehörte zum ältesten Überlieferungsbestand.
So wird sie also nur als solche bekanntgegehen, und alle näheren
Umstände und auch der genaue Ort der Begegnung bleiben seltsam
in der Schwebe.
Trotzdem läßt sich vielleicht noch eine Vermutung wagen, die
das bisher Gesagte unterstützen würde. Gerade Lukas bietet, im
Widerspruch zu allen andern Evangelisten, eine eigentümliche Be-
rufungsgeschichte des Petrus; das ist die Legende vom „wunder-
baren Fischzug“. Der Herr überrascht hier Petrus bei seinen Boo-
ten und Netzen und macht ihn zu seinem ersten Jünger, der hin-
fort nicht mehr Fische, sondern Menschen fangen soll26. Man hat
schon oft bemerkt, daß dieses letzte Motiv der Sendung zu einer
Ostergeschichte vorzüglich passen würde. Sollte sich hier, zeitlich
verschoben, vielleicht ein Reflex der ersten Begegnung Petri mit
dem Auferstandenen erhalten haben ? Man hat auch an die Legende
von dem über den See wandelnden Petrus erinnert27; doch sind die
Beziehungen hier weniger deutlich. Entschieden in diese Richtung
weisen dagegen die späteren Auferstehungsgeschichten des Johan-
24 Lk. 24, 13-35.
25 Dies ist natürlich nur eine vague Vermutung. Sie erscheint mit immerhin
wahrscheinlich als die Annahme, die besondere eschatologisclie Färbung dieser
Erstbegegnung im Sinne der Parusieerwartung habe ihr Verschwinden veranlaßt.
Diese hätte sich — wenn sie wirklich bestand — mühelos verwischen oder übermalen
lassen.
26 Lk. 5, 1-11; vgl. Mk. 1, 17.
27 Mt. 14, 28 ff.; J. Kreyenbühl, Der älteste Auferstehungsbericht und seine
Varianten, Zeitschr. f. neutest. Wissensch. 9 (1908) 257 fl*.
 
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