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Campenhausen, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1957, 2. Abhandlung): Die Begründung kirchlicher Entscheidungen beim Apostel Paulus: zur Grundlegung des Kirchenrechts — Heidelberg, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.42454#0016
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Hans Frhr. von Campenhausen

Die „Weisungen“, die Paulus immer noch gibt und mündlich weiter er-
gänzen will19, müssen jetzt also auch als solche gesichert und für sich selber
begründet werden. Warum sind bestimmte kirchliche Entscheidungen, die
Paulus fällt, richtig? Woher stammt ihre verbindliche Kraft? Und in wel-
chem Sinne ist die Kirche tatsächlich zu ihrer Beachtung verpflichtet? Mit
der Antwort auf diese Fragen beginnt in einem prinzipiellen Sinne die
Grundlegung des Kirchenrechts.
Paulus geht dabei nicht systematisch vor. Er äußert sich zu jedem
Fall, der ihm vorgelegt wird, als solchem, konkret und unmittelbar.
Wollen wir die ihn leitenden Gesichtspunkte nicht vorschnell formulieren,
so können wir’s uns nicht ersparen, seinen mannigfachen Urteilen und
Aussagen einzeln entlangzugehen und so zunächst einmal das Material
zu sammeln. Erst danach wird es möglich sein, dessen innere Überein-
stimmung zu sehen und den wesentlichen Zusammenhang zu bestimmen,
in dem die „kirchenrechtlichen“ Entscheidungen mit der paulinischen
Gesamtanschauung der Kirche stehen, durch sie motiviert und gelegentlich
auch auf bestimmte Normen oder Quellen der Rechtserkenntnis bezogen
werden, die sich nennen und ins Feld führen lassen.
Es ist klar, daß die Kirche oder die einzelne, sie verkörpernde Ge-
meinde für Paulus keine beliebige menschliche Vereinigung darstellt, die
als solche irgendeinem auch sonst geltenden Recht einfach unterstellt
werden könnte. Sie ist ein einzigartiges, neues Gebilde, die Schöpfung
der göttlich bevollmächtigten Predigt, die durch das Wirken des heiligen
Geistes wunderbar ans Licht getreten ist20. Es versteht sich danach von
selbst, daß auch die ursprüngliche Christus-Predigt und die mit ihr ver-
bundenen praktischen „Wege“ (4,17)21 und Weisungen, die Paulus sei-
ne Gemeinden gelehrt hat, nach wie vor in Kraft stehen, d.h. eine
tragende Voraussetzung ihres Lebens geblieben sind22. Die Korinther
heben selbst darauf ab, daß sie Paulus nicht vergessen und seine „Über-
lieferungen“23 bewahrt hätten (11,2)24. Gerade jetzt, wo er mit seiner
persönlichen Autorität bewußt zurückhält, wird die bleibende Bedeu-
19 Diese Ankündigung I. Kor. 11, 34.
20 Vgl. hierzu E. Mollano, Das paulinische Euangelion (1934), und besonders
R. Asting, Die Verkündigung des Wortes im Urchristentum (1939), sowie
J. Munck, Paulus und die Heilsgeschichte (1954), besonders S.28ff.
21 Es handelt sich hier um einen technischen Begriff für die missionarische Unter-
weisung in der Lebensordnung, aber nicht um den formulierten Text eines
bestimmten „Katechismus“; vgl. W. Michaelis, Art. 686g, Theol. Wörterb.
z. N. T. V, bes. S.91ff. und die dort genannte Literatur.
22 Es ist auch von hier aus zu sehen, daß Paulus zu Beginn des Briefes 2, 1 ff.
ausdrücklich an sein erstes Auftreten in Korinth erinnert und dessen besondere
Umstände gleich in die für die folgende Aussprache günstige Beleuchtung rückt.
23 Auch hier handelt es sich um einen technischen Begriff, den Paulus aus dem
Judentum übernommen hat; doch umfassen die Jtapaöooeig ein weiteres Gebiet
 
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