Die Begründung kirchlicher Entscheidungen beim Apostel Paulus
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unter den Füßen verlieren, auf dem er steht. In dieser Absicht stellt Paulus
mit höchstem Nachdruck das alte Auferstehungs-„Evangelium“ an den
Beginn seiner Erörterungen, „das von mir als Heil verkündigt war und
das ihr auch übernommen habt, auf dem ihr auch steht, durch das ihr ge-
rettet werdet“ — wörtlich so, wie er es „übernommen“ und den Korin-
thern selbst an „erster Stelle übergeben“ hat (15,1—3). Die unumstößliche
Zuverlässigkeit dieser Urverkündigung vom Sterben und Auferstehen des
Herrn wird durch die Aufzählung aller Zeugen, die sie bezeugen können
und denen Paulus selber an letzter Stelle auch zugehört, noch einmal ge-
sichert (15,3—8). Dies ist die geschichtliche Botschaft, mit deren Wahrheit
das Christentum ein für allemal steht oder fällt (15,11). Und damit
beginnt Paulus wieder sein gewohntes, prinzipielles Beweisverfahren, nur
diesmal gewissermaßen in entgegengesetzter Richtung56. Hatte er den
Korinthern bisher nur immer von neuem gezeigt, daß ein Verharren in
den fleischlichen Sünden, in Eitelkeit und Lieblosigkeit die Aufhebung
ihres eigentlichen, durch Christus bestimmten Seins in sich schließen würde,
so heißt es jetzt, daß die Leugnung der entscheidenden christologischen
Voraussetzung umgekehrt dieses ihr Leben um allen Sinn bringen und
zwangsläufig in eine leere, zweck- und hoffnungslose Illusion verwandeln
müßte. „Wenn die Toten nicht erweckt werden, so ist auch Christus nicht
erweckt worden; wenn aber Christus nicht erweckt ist, dann ist euer
Glaube eitel, dann seid ihr noch in euren Sünden, ja dann sind auch die
in Christus Entschlafenen verloren“ (15,16—18). Auch der Apostel wäre
mit seiner Verkündigung zum Lügner geworden (15,15) und hätte alle
Leiden seines gequälten Lebens umsonst bestanden (15,30—32); ja die
Korinther müßten sogar ihr eigenes bisheriges Tun als Christen wider-
rufen, wenn sie sich beispielsweise für ihre Toten stellvertretend haben
taufen lassen57, die doch gar nicht mehr auferstehen sollen (15,29).
So ist mit der zitierten Überlieferung der feste Ausgangspunkt gewon-
nen, für eine alsbald weiter entfaltete und ins einzelne beweisend eindrin-
gende Diskussion. Ähnlich wie in den Thessalonicherbriefen bietet Paulus
zunächst einen Überblick über den Ablauf der letzten Dinge, die Etappen,
in denen die Toten auferstehen, und schließlich die Überwindung des To-
56 Hierzu J. Schniewind, Die Leugner der Auferstehung in Korinth, in: Nach-
gelassene Reden und Aufsätze (1952) 118 ff.
57 Oder, wenn J. Jeremias, „Flesh and Blood cannot inherit the Kingdom of God“
(I. Cor. XV. 50), New Test. Stud. 2 (1956) 155 f. Recht haben sollte: als
Heiden, die sich taufen ließen, um mit ihren verstorbenen christlichen Ange-
hörigen vereint zu werden; ebenso Maria Raeder, Vikariatstaufe in I. Kor.
15, 29? Zeitschr. f. neutest. Wissensch. 46 (1955) 258 ff. Diese — m. E. unwahr-
scheinliche — Erklärung ändert in unserem Zusammenhang nichts Wesentliches.
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unter den Füßen verlieren, auf dem er steht. In dieser Absicht stellt Paulus
mit höchstem Nachdruck das alte Auferstehungs-„Evangelium“ an den
Beginn seiner Erörterungen, „das von mir als Heil verkündigt war und
das ihr auch übernommen habt, auf dem ihr auch steht, durch das ihr ge-
rettet werdet“ — wörtlich so, wie er es „übernommen“ und den Korin-
thern selbst an „erster Stelle übergeben“ hat (15,1—3). Die unumstößliche
Zuverlässigkeit dieser Urverkündigung vom Sterben und Auferstehen des
Herrn wird durch die Aufzählung aller Zeugen, die sie bezeugen können
und denen Paulus selber an letzter Stelle auch zugehört, noch einmal ge-
sichert (15,3—8). Dies ist die geschichtliche Botschaft, mit deren Wahrheit
das Christentum ein für allemal steht oder fällt (15,11). Und damit
beginnt Paulus wieder sein gewohntes, prinzipielles Beweisverfahren, nur
diesmal gewissermaßen in entgegengesetzter Richtung56. Hatte er den
Korinthern bisher nur immer von neuem gezeigt, daß ein Verharren in
den fleischlichen Sünden, in Eitelkeit und Lieblosigkeit die Aufhebung
ihres eigentlichen, durch Christus bestimmten Seins in sich schließen würde,
so heißt es jetzt, daß die Leugnung der entscheidenden christologischen
Voraussetzung umgekehrt dieses ihr Leben um allen Sinn bringen und
zwangsläufig in eine leere, zweck- und hoffnungslose Illusion verwandeln
müßte. „Wenn die Toten nicht erweckt werden, so ist auch Christus nicht
erweckt worden; wenn aber Christus nicht erweckt ist, dann ist euer
Glaube eitel, dann seid ihr noch in euren Sünden, ja dann sind auch die
in Christus Entschlafenen verloren“ (15,16—18). Auch der Apostel wäre
mit seiner Verkündigung zum Lügner geworden (15,15) und hätte alle
Leiden seines gequälten Lebens umsonst bestanden (15,30—32); ja die
Korinther müßten sogar ihr eigenes bisheriges Tun als Christen wider-
rufen, wenn sie sich beispielsweise für ihre Toten stellvertretend haben
taufen lassen57, die doch gar nicht mehr auferstehen sollen (15,29).
So ist mit der zitierten Überlieferung der feste Ausgangspunkt gewon-
nen, für eine alsbald weiter entfaltete und ins einzelne beweisend eindrin-
gende Diskussion. Ähnlich wie in den Thessalonicherbriefen bietet Paulus
zunächst einen Überblick über den Ablauf der letzten Dinge, die Etappen,
in denen die Toten auferstehen, und schließlich die Überwindung des To-
56 Hierzu J. Schniewind, Die Leugner der Auferstehung in Korinth, in: Nach-
gelassene Reden und Aufsätze (1952) 118 ff.
57 Oder, wenn J. Jeremias, „Flesh and Blood cannot inherit the Kingdom of God“
(I. Cor. XV. 50), New Test. Stud. 2 (1956) 155 f. Recht haben sollte: als
Heiden, die sich taufen ließen, um mit ihren verstorbenen christlichen Ange-
hörigen vereint zu werden; ebenso Maria Raeder, Vikariatstaufe in I. Kor.
15, 29? Zeitschr. f. neutest. Wissensch. 46 (1955) 258 ff. Diese — m. E. unwahr-
scheinliche — Erklärung ändert in unserem Zusammenhang nichts Wesentliches.