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Hans Frhr. von Campenhausen
des selbst, für die er jetzt noch einen Schriftbeweis beisteuert (15, 23—28)58.
Als ganzes stammt dieses „Wissen“ vermutlich wieder aus älterer apoka-
lyptischer Tradition. Dagegen geht ein weiteres „Geheimnis“, nämlich die
leibliche „Verwandlung“ derer, die die Wiederkunft erleben werden
(15,51—53), anscheinend auf Paulus selbst zurück59. Allein es genügt ihm
nicht, die gültige Überlieferung und seine eigenen Erleuchtungen oder
Erkenntnisse als solche hinzustellen; er möchte seinen Lesern mit ver-
ständlichen, überprüfbaren Erwägungen auch noch zur Hilfe kommen und
ihre Zweifel sozusagen wissenschaftlich aus dem Felde schlagen60. So
beruft er sich auf allerlei wunderliche „natürliche“ Analogien der Auf-
erstehung (15,33—44) und an die Bibel angelehnte Spekulationen über
das Wesen des zweiten „pneumatischen“ Christus-Adam (15,45—49)61.
Das soll die Frage nach der künftigen Substanz der auferstandenen Leiber
klären. Am Ende scheinen alle Probleme im Grunde gelöst zu sein, und
Paulus schließt mit dem triumphierenden Zitat eines Schriftwortes: „Der
Tod ist verschlungen in den Sieg“ (Jes. 25,8). Die Korinther sollen nun-
mehr die Sünde meiden, ihre beschämende Unkenntnis der göttlichen
Pläne fahren lassen und in allen guten Werken getrost fortfahren; denn
sie „wissen“ jetzt, daß „ihre Plage nicht sinnlos ist in dem Herrn“ (15,58).
58 Wieweit dieser Beweis reicht und wie er im einzelnen zu verstehen ist, ist
umstritten und bei der Gewaltsamkeit, mit der Paulus die rabbinischen Me-
thoden handhabt, auch nicht leicht zu entscheiden; vgl. W. Maier, Psalm 110,1
(LXX 109,1) im Zusammenhang von I. Kor. 15,24—25, Bibi. Zeitsdir. 20
(1932) 138 ff. Hier genügt die m. E. unbestreitbare Feststellung, daß Paulus
keinesfalls die gesamte, mit 15,23 beginnende apokalyptische Aussage aus dem
Zitat ableiten will. Der Schriftbeweis soll vielmehr, wie so oft, nur gewisse
Einzelheiten decken, die dadurch noch gewisser werden.
59 Die Darlegungen sollen dem Verdacht begegnen, Paulus wolle eine massive
Fortexistenz von „Fleisch und Blut“ (15,50) lehren, wie sie in der Tat nicht
geglaubt werden kann und darf (etwas anders Jeremias, „Flesh and Blood“
S. 151 ff). In ähnlicher Weise wie hier wird Rom. 11,25 ff. ein geschichtstheo-
logisches und gleichfalls eschatologisches MYCTHPION mitgeteilt; vgl. G.
Bornkamm, Art pucrnripiov, Theol. Wörterb. z. N. T. IV, 829. Über mögliche
rabbinische Hintergründe s. W. D. Davies, Paul and rabbinic Judaism (1948)
291 ff.
60 Daß sich das Beweisverfahren im folgenden zu verschieben beginnt und die
reine, theologische Methode beiseite setzt, betont mit Recht R. Bultmann,
Karl Barth, „Die Auferstehung der Toten“, in: Glauben und Verstehen 1
(1933) 38 ff., bes. S. 51 ff.
81 Daß diese Dinge vielmehr auf palästinensischen „Überlieferungen“ beruhten,
wie K. H. Rengstorf, Die Auferstehung Jesu, (19542) 101 ff., will, scheint mir
nicht wahrscheinlich und wird jedenfalls — worauf es uns jetzt allein an-
kommt — von Paulus selbst mit keinem Worte angedeutet oder hervor-
gehoben.
Hans Frhr. von Campenhausen
des selbst, für die er jetzt noch einen Schriftbeweis beisteuert (15, 23—28)58.
Als ganzes stammt dieses „Wissen“ vermutlich wieder aus älterer apoka-
lyptischer Tradition. Dagegen geht ein weiteres „Geheimnis“, nämlich die
leibliche „Verwandlung“ derer, die die Wiederkunft erleben werden
(15,51—53), anscheinend auf Paulus selbst zurück59. Allein es genügt ihm
nicht, die gültige Überlieferung und seine eigenen Erleuchtungen oder
Erkenntnisse als solche hinzustellen; er möchte seinen Lesern mit ver-
ständlichen, überprüfbaren Erwägungen auch noch zur Hilfe kommen und
ihre Zweifel sozusagen wissenschaftlich aus dem Felde schlagen60. So
beruft er sich auf allerlei wunderliche „natürliche“ Analogien der Auf-
erstehung (15,33—44) und an die Bibel angelehnte Spekulationen über
das Wesen des zweiten „pneumatischen“ Christus-Adam (15,45—49)61.
Das soll die Frage nach der künftigen Substanz der auferstandenen Leiber
klären. Am Ende scheinen alle Probleme im Grunde gelöst zu sein, und
Paulus schließt mit dem triumphierenden Zitat eines Schriftwortes: „Der
Tod ist verschlungen in den Sieg“ (Jes. 25,8). Die Korinther sollen nun-
mehr die Sünde meiden, ihre beschämende Unkenntnis der göttlichen
Pläne fahren lassen und in allen guten Werken getrost fortfahren; denn
sie „wissen“ jetzt, daß „ihre Plage nicht sinnlos ist in dem Herrn“ (15,58).
58 Wieweit dieser Beweis reicht und wie er im einzelnen zu verstehen ist, ist
umstritten und bei der Gewaltsamkeit, mit der Paulus die rabbinischen Me-
thoden handhabt, auch nicht leicht zu entscheiden; vgl. W. Maier, Psalm 110,1
(LXX 109,1) im Zusammenhang von I. Kor. 15,24—25, Bibi. Zeitsdir. 20
(1932) 138 ff. Hier genügt die m. E. unbestreitbare Feststellung, daß Paulus
keinesfalls die gesamte, mit 15,23 beginnende apokalyptische Aussage aus dem
Zitat ableiten will. Der Schriftbeweis soll vielmehr, wie so oft, nur gewisse
Einzelheiten decken, die dadurch noch gewisser werden.
59 Die Darlegungen sollen dem Verdacht begegnen, Paulus wolle eine massive
Fortexistenz von „Fleisch und Blut“ (15,50) lehren, wie sie in der Tat nicht
geglaubt werden kann und darf (etwas anders Jeremias, „Flesh and Blood“
S. 151 ff). In ähnlicher Weise wie hier wird Rom. 11,25 ff. ein geschichtstheo-
logisches und gleichfalls eschatologisches MYCTHPION mitgeteilt; vgl. G.
Bornkamm, Art pucrnripiov, Theol. Wörterb. z. N. T. IV, 829. Über mögliche
rabbinische Hintergründe s. W. D. Davies, Paul and rabbinic Judaism (1948)
291 ff.
60 Daß sich das Beweisverfahren im folgenden zu verschieben beginnt und die
reine, theologische Methode beiseite setzt, betont mit Recht R. Bultmann,
Karl Barth, „Die Auferstehung der Toten“, in: Glauben und Verstehen 1
(1933) 38 ff., bes. S. 51 ff.
81 Daß diese Dinge vielmehr auf palästinensischen „Überlieferungen“ beruhten,
wie K. H. Rengstorf, Die Auferstehung Jesu, (19542) 101 ff., will, scheint mir
nicht wahrscheinlich und wird jedenfalls — worauf es uns jetzt allein an-
kommt — von Paulus selbst mit keinem Worte angedeutet oder hervor-
gehoben.