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Campenhausen, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1958, 2. Abhandlung): Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab — Heidelberg, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.42457#0011
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Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab

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Bericht ist der gegebene Ausgangspunkt für jede einschlägige Unter-
suchung. Der Bericht ist in dem, was er historisch mitteilt, ebenso erfreulich
exakt wie betrübend knapp; es ist eigentlich nur eine Aufzählung der
grundlegenden Erscheinungen Christi* * * * 5 — erst vor Petrus, dann vor den
Zwölf, dann vor fünfhundert christlichen Brüdern auf einmal; es folgt
eine Erscheinung vor Jakobus (dem Herrnbruder), dann vor allen Aposteln
und schließlich, zuletzt noch eine Erscheinung vor Paulus selbst.
Diese Mitteilung entspricht allen Anforderungen historischer Zuver-
lässigkeit, die sich an einen derartigen Text nach Lage der Dinge über-
haupt stellen lassen6. Der Erste Korintherbrief dürfte im Frühling des
Jahres 56 oder 57 nach Christus in Ephesos geschrieben sein. Paulus sagt
aber, daß er die Daten selbst schon „empfangen“ und seinerseits weiter
„überliefert“ habe. Er hat sie als ein „Hauptstück“ seiner Missionspredigt
zugrunde gelegt, so daß sie auch den Korinthern wohl bekannt sind. Sie
werden an das früher Gelehrte nur erinnert, und Paulus setzt eine ent-
sprechende Kenntnis überall, wo Christus gepredigt wird, als selbstver-
ständlich und gegeben voraus. Es handelt sich hierbei nicht nur um eine
alte, sondern auch um eine alt geformte, zur Formel geprägte und dadurch
konservierte Überlieferung7. Man wird also annehmen dürfen, daß er
selbst sie schon zu Beginn seiner apostolischen Tätigkeit „übernommen“
Schluß der Liste sich selber nannte.“ Es scheint mir nicht erforderlich, einen an
sich ohne weiteres denkbaren Tatbestand, den Paulus angibt, durch die An-
nahme so schwieriger kirchenpolitischer Absichten und Verdächtigungen in
Zweifel zu ziehen. Noch weiter geht in dieser Richtung E. Bammel, Herkunft
und Funktion der Traditionselemente in I. Kor. 15, 1—11, Theol. Zeitschr. 11
(1955) 401 ff., der im Anschluß an W. Michaelis, Die Erscheinungen des Auf-
erstandenen (1944) 12ff., indessen aus rein formgeschichtlichen Erwägungen,
die Formel 15, 5 unmittelbar hinter Cocpfh], also mitten im Satze abbrechen
läßt, um im paulinischen Text dann nicht weniger als „drei sehr verschiedene
Zeugnisse der Jerusalemer Urgemeinde“ als „konkurrierende Konstitutiv-
formeln“ zu erschließen. Ich meine, man muß mehr als drei Brillen aufsetzen,
um derartiges wahrscheinlich zu finden; vgl. u. Anm. 12.
5 Nach Dobschütz S. 22 sagt „das Wort cocpür) über die Art der Erscheinungen
nichts aus“ und darf nicht gepreßt werden. Der Nachdruck liege nicht auf dem
Sehakt als solchem, sondern auf dem Offenbarungscharakter des Geschehens:
Michaelis S. 103ff..; Kittels Theol. Wörterb. z. N. T. 5 (1954) 358ff. Da-
gegen findet K. H. Rengstorf, Die Auferstehung Jesu — Form, Art und
Sinn der urchristlichen Osterbotschaft (19542) 83ff., im Blick auf den alttesta-
mentlich-jüdischen Sprachgebrauch gerade den optischen Sinn des Erscheinens
betont; so auch Grass S. 188f. Vgl. noch H. Braun, Zur Terminologie der
Acta von der Auferstehung Jesu, Theol. Literaturz. 77 (1952) 533f.
6 Die Versuche, die Echtheit von I. Kor. 15, lff. zu bestreiten, sind heute nicht
mehr ernst zu nehmen und besitzen höchstens historisches Interesse; vgl. Jos.
Schmitt, Jesus ressuscite dans la predication apostolique (Paris 1949) 38ff.
' Joach. Jeremias, Die Abendmahlsworte Jesu (19492) 95f.; Rengstorf S. 36ff.;
lOlff. („Traditionelle Elemente in I. Kor. 15“); H. v. Campenhausen, Die Be-
gründung kirchlicher Entscheidungen beim Apostel Paulus (1957) 26f.
 
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